In „Idiota de sapientia“ (Der Laie über die Weisheit, 1450) untersucht Nikolaus von Kues in dialogischer Form das Wesen der Weisheit und die menschliche Fähigkeit, sie zu erlangen. Der Text ist Teil einer Reihe von Dialogen, in denen ein einfacher, ungelehrter Mann (der „Idiota“) mit einem gebildeten Gesprächspartner (einem Gelehrten) diskutiert. Der Idiota verkörpert intuitive Einsicht und praktisches Denken, während der Gelehrte das formale Wissen und die scholastische Methode repräsentiert.
Hauptthemen und Inhalte:
1. Die Quelle der Weisheit
Nikolaus stellt die Frage, was wahre Weisheit ist und woher sie stammt. Der Idiota argumentiert, dass Weisheit nicht durch Bücher oder gelehrtes Wissen erlangt wird, sondern durch die natürliche Fähigkeit des menschlichen Geistes, die Wahrheit zu erkennen.
Weisheit ist eine Gabe Gottes, die in jedem Menschen angelegt ist. Sie zeigt sich durch Einsicht, praktische Klugheit und ein Leben in Harmonie mit der göttlichen Ordnung.
2. Der Unterschied zwischen Weisheit und Gelehrsamkeit
Der Idiota kritisiert die Gelehrten, die oft in abstrakten Konzepten und formalen Disputen verstrickt sind, ohne die essenzielle Wahrheit zu erreichen.
Weisheit ist keine Frage des umfangreichen Wissens, sondern des Verstehens der Dinge in ihrem wahren Wesen. Praktische Erfahrung und inneres Streben nach Wahrheit sind wichtiger als reine Theorie.
3. Die Rolle der Intuition
Nikolaus betont die Bedeutung der Intuition für das Verstehen. Der Idiota erklärt, dass die Erkenntnis der Wahrheit nicht allein durch logisches Denken erfolgt, sondern durch eine direkte, intuitive Einsicht.
Diese Einsicht ist ein Weg, Gott näherzukommen, da die höchste Weisheit in der Erkenntnis der göttlichen Wahrheit liegt.
4. Das Gleichnis von der Münze
Der Idiota verwendet das Bild einer Münze, um Weisheit zu erklären. Die Münze hat einen inneren Wert, der durch äußere Prägungen nicht verändert wird. Ebenso besitzt der Mensch eine innere, von Gott gegebene Weisheit, die unabhängig von äußeren Einflüssen ist.
5. Das Ziel der Weisheit
Die höchste Form der Weisheit ist, das eigene Leben im Einklang mit der göttlichen Ordnung zu gestalten.
Ein weiser Mensch erkennt, dass wahres Glück in der Gemeinschaft mit Gott und der Harmonie mit der Welt liegt.
„Idiota de sapientia“ ist ein Appell an die Einfachheit des Denkens und das Vertrauen in die innere Einsicht. Es zeigt die Überzeugung des Cusanus, dass wahre Weisheit eine Brücke zwischen Mensch und Gott schlägt und über die Grenzen des reinen Verstandes hinausgeht.
Auch passend zum Thema:
Der Geist der Weisheit
Predigt von Bischof Dr. Manfred Scheuer bei der Zeugnisfeier für die Absolvent:innen des Theologischen Fernkurses in Puchberg am 13.09.2024
Nikolaus von Kues (1401–1464) war ein Universalgelehrter, der als Philosoph, Theologe und Kardinal die Brücke zwischen Mittelalter und Neuzeit schlug. Mit seiner Lehre von der „gelehrten Unwissenheit“ und dem „Zusammenfall der Gegensätze“ inspirierte er Generationen. Er suchte nach Einheit in Vielfalt und setzte sich für Toleranz zwischen Religionen ein. Seine Vision von Gott als unendlicher Einheit prägt sein Denken. Nikolaus bleibt ein Wegweiser für die, die sich den großen Fragen des Lebens stellen.
Harald Preyer ist systemischer Coach und geistlicher Begleiter in Wien, der Menschen in herausfordernden Lebensabschnitten begleitet. Sein Anliegen ist es, Brücken zwischen Denken, Glauben und Menschlichkeit zu bauen. Dankbarkeit ist für ihn dazu ein wertvoller Schlüssel.
Die dynamische Welt von heute erfordert eine neue Art des Führens, die nicht auf starren Hierarchien, sondern auf Anpassungsfähigkeit, Sinnstiftung und kollektiver Intelligenz basiert.
Dieser Ansatz, den ich als Evolutionäre Führung bezeichne, ermöglicht es Organisationen, nicht nur auf Veränderungen zu reagieren, sondern aktiv in einer komplexen Welt zu gedeihen. Dabei greift er auf Erkenntnisse aus der Evolutionstheorie, Systemtheorie und Logotherapie zurück.
Es ist bemerkenswert, dass Benedikt von Nursia, der Begründer des europäischen Mönchtums, bereits im 6. Jahrhundert viele dieser Prinzipien formulierte und in seiner Regula Benedicti niederschrieb.
Die Essenz der Evolutionären Führung
Evolutionäre Führung versteht sich als lebendiges Modell, das die Prinzipien natürlicher Systeme auf Organisationen überträgt. Es beruht auf drei wesentlichen Grundpfeilern:
Anpassung statt Starrheit Wie in der Natur ist kontinuierliche Anpassung entscheidend für das Überleben. Führungskräfte schaffen eine Kultur, in der Experimente, Lernen und Innovation gefördert werden.
Kollektive Intelligenz Entscheidungen werden durch die Vielfalt und das Wissen der gesamten Organisation getragen. Teams sind stärker, wenn ihre Perspektiven und Kompetenzen genutzt werden.
Sinnorientierung Menschen und Organisationen blühen auf, wenn sie einem übergeordneten Zweck folgen. Evolutionäre Führungskräfte inspirieren durch eine klare Vision, die Mitarbeitende miteinander verbindet.
Merkmale Evolutionärer Führungskräfte
Führung in diesem Stil erfordert eine Neuausrichtung auf folgende Kompetenzen:
Visionäre Flexibilität
Natürliche Empathie
Starkes Empowerment
Bewährte Resilienz
Evolutionäre Führungsmenschen haben die Fähigkeit, Strategien in Echtzeit anzupassen und dabei das große Ziel konsequent weiter zu verfolgen. Sie schaffen starke Verbindungen und setzen ihre emotionale Intelligenz ganz natürlich ein.
Das befähigt Mitarbeitende, autonom und verantwortungsvoll zu handeln. So lernt die gesamte Organisation schnell, Herausforderungen mit Zuversicht zu begegnen und aus ihnen zu lernen.
Die Bedeutung von Feedback-Schleifen
In evolutionären Systemen sichern Feedback-Schleifen Stabilität und Wachstum. Unternehmen können dies umsetzen durch:
Regelmäßige Reflexion und Dialog.
Iterative Prozesse, die Innovation fördern.
Offene Kommunikation, die Vertrauen schafft.
Herausforderungen und Lösungen
Die Umsetzung Evolutionärer Führung ist nicht ohne Hindernisse:
Widerstand gegen Veränderung Traditionelle Denkmuster und Strukturen können den Übergang erschweren. Lösung: Kontinuierliche Kommunikation und Einbindung aller Stakeholder.
Gleichgewicht zwischen Freiheit und Struktur Zu viel Autonomie kann Chaos schaffen; zu viel Kontrolle erstickt Kreativität. Lösung: Klar definierte Rahmenbedingungen mit Spielraum für Eigeninitiative.
Aufrechterhaltung des Engagements Teams langfristig motiviert und ausgerichtet zu halten, ist eine zentrale Herausforderung. Lösung: Regelmäßige Reflexion und Neuausrichtung an der gemeinsamen Vision.
Fallstudien: Evolutionäre Führung in der Praxis
Netflix: Vom DVD-Verleih zum Streaming-Giganten Netflix revolutionierte die Unterhaltungsindustrie durch kontinuierliche Transformation. Unter der Leitung von Reed Hastings entwickelte sich das Unternehmen zu einem globalen Marktführer mit über 231 Millionen Abonnenten (Stand 2023). Evolutionäre Führung ermöglichte mutige Entscheidungen, wie den Wechsel vom DVD-Geschäft zum Streaming.
Robert Bosch GmbH: Nachhaltige Innovation Die Robert Bosch GmbH, mit 429.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 91,6 Milliarden Euro (2023), setzt auf CO₂-Neutralität und zukunftsweisende Technologien. Durch evolutionäre Führung fördert Bosch eine Innovationskultur, die weltweit Maßstäbe setzt.
Frankfurter Volksbank: Anpassung im Finanzsektor Die größte genossenschaftliche Regionalbank Deutschlands, die Frankfurter Volksbank, betreut 800.000 Kunden und beschäftigt 2.000 Mitarbeitende. Durch evolutionäre Führungsansätze bleibt sie trotz wachsender digitaler Konkurrenz ein verlässlicher Partner in der Region.
Patagonia: Sinnorientiertes Unternehmertum Patagonia, ein Pionier im Bereich nachhaltiger Bekleidung, kombiniert Umweltschutz und Geschäftserfolg. Unter der Leitung von Yvon Chouinard hat sich das Unternehmen als Vorbild für sinnorientierte Führung etabliert.
Moderna: Agilität in der Pandemie Während der COVID-19-Pandemie zeigte Moderna, wie kollektive Intelligenz und agile Führung innerhalb von Monaten zur Entwicklung eines lebensrettenden Impfstoffs führen können.
Wissenschaftlicher Kontext
Die Prinzipien Evolutionärer Führung lassen sich mit Arbeiten führender Wissenschaftler und Philosophen verbinden:
Mark van Vugt & Anjana Ahuja Selected: Why Some People Lead, Why Others Follow, and Why It Matters (2010) zeigt, dass Führungsqualitäten evolutionär geprägt sind.
Michael Alznauer Evolutionäre Führung: Der Kern erfolgreicher Führungspraxis (2006) analysiert praktische Anwendungen dieser Prinzipien
Humberto Maturana & Francisco Varela Der Baum der Erkenntnis (1987) beleuchtet, wie Systeme Wissen generieren und sich anpassen.
Viktor Frankl In …trotzdem Ja zum Leben sagen (1946) und Der Wille zum Sinn (1982) zeigt Frankl, wie Sinnorientierung die menschliche Resilienz stärkt.
Hofinger, Hans Regula Benedicti – Eine Botschaft für Führungskräfte (2003). Dieses Buch analysiert die benediktinische Regel und überträgt deren Prinzipien auf moderne Führungspraktiken, wodurch es wertvolle Einsichten für Führungskräfte bietet.
Fazit: Die Zukunft gehört Evolutionären Führungskräften
Evolutionäre Führung ist mehr als ein Trend; sie ist eine Notwendigkeit für Organisationen, die in einer Welt voller Komplexität und Unsicherheit bestehen wollen. Indem sie Anpassungsfähigkeit, kollektive Intelligenz und Sinnorientierung fördern, schaffen Führungskräfte nicht nur nachhaltigen Erfolg, sondern auch eine bessere Welt.
Dieser Artikel zeigt, wie sich die Prinzipien Evolutionärer Führung auf unterschiedlichste Branchen anwenden lassen – vom Technologieunternehmen bis zur Bank – und wie sie dazu beitragen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Harald R. Preyer ist systemischer Coach, geistlicher Begleiter und Autor aus Wien. Seine Arbeit konzentriert sich auf Führung, Transformation und sinnorientiertes Leben.
Ein Beitrag zu Viktor E. Frankl’s Menschenbild von Harald R. Preyer
Seit Jahrtausenden fragen Philosophen: „Was ist der Mensch?“ Viktor E. Frankl, Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, hat darauf eine Antwort gegeben, die aus der Masse heraussticht. Er sieht den Menschen als ein Wesen, das nicht nur denkt und fühlt, sondern vor allem Sinn sucht – selbst unter den widrigsten Bedingungen. Mit seinem dreidimensionalen Menschenbild und zehn bahnbrechenden Thesen hat Frankl eine Philosophie entwickelt, die uns heute eine radikale Neuinterpretation des Menschseins bietet.
Ein Klassiker neu gedacht: Körper, Seele, Geist
Bereits die antiken Philosophen wie Platon und Aristoteles beschrieben den Menschen als Wesen mit drei Dimensionen: Körper, Seele und Geist. Doch Frankl brachte dieses klassische Modell auf eine neue Ebene. Während frühere Denker den Geist oft auf theoretisches Wissen oder göttliche Erkenntnis reduzierten, sah Frankl ihn als aktive, sinnstiftende Kraft. Der Geist ist für ihn nicht nur ein abstrakter Gedanke, sondern die Instanz, die Freiheit und Verantwortung möglich macht.
Diese geistige Dimension ermöglicht dem Menschen, selbst unter extremen Bedingungen Haltung zu bewahren. In Frankls Worten: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Antwort.“ Diese Freiheit, sich zu den eigenen Umständen zu verhalten, ist es, die den Menschen nach Frankl wirklich menschlich macht.
Frankls dreidimensionales Menschenbild
Frankls Modell gliedert den Menschen in drei Dimensionen, die untrennbar miteinander verbunden sind, aber jeweils eine einzigartige Bedeutung haben:
Der Körper (somatische Dimension):
Die physische Existenz des Menschen, die Grundlage für Gesundheit, Bewegung und Überleben.
Die Seele (psychische Dimension):
Das emotionale und kognitive Erleben: Gefühle, Gedanken und Persönlichkeitsstrukturen.
Der Geist (noetische Dimension):
Das Zentrum von Sinn, Freiheit und Verantwortung. Der Geist ist es, der den Menschen über die Grenzen des Biologischen und Psychologischen hinausführt.
Frankl stellt klar: Während Körper und Seele von äußeren Umständen beeinflusst werden können, bleibt der Geist frei. Diese Freiheit ermöglicht es dem Menschen, in Krisen Sinn zu finden und über sich hinauszuwachsen.
Die zehn Thesen zur Person
Frankls zehn Thesen konkretisieren sein revolutionäres Menschenbild. Besonders betont er die Einzigartigkeit und Würde des Menschen sowie dessen Fähigkeit zur Selbsttranszendenz:
Die Person ist unteilbar: Auch in Extremsituationen bleibt der Mensch eine Einheit.
Nicht verschmelzbar: Der Mensch verliert seine Individualität nicht in einer Gruppe.
Ein absolutes Novum: Jeder Mensch ist einzigartig und unverwechselbar.
Geistig: Der Mensch übersteigt das Körperliche und Psychische.
Besitzt Würde: Diese Würde bleibt unabhängig von Leistung und Nutzen bestehen.
Freiheit: Der Mensch kann sich zu den Umständen seines Lebens verhalten.
Verantwortung: Freiheit und Verantwortung sind untrennbar verbunden.
Intentionalität: Der Mensch ist immer auf etwas ausgerichtet – einen Sinn, ein Ziel.
Dialogisch: In der Beziehung zu anderen entfaltet sich das Menschsein.
Transzendenz: Der Mensch versteht sich nur in Bezug auf etwas, das über ihn hinausgeht.
Die Neuheit: Selbsttranszendenz und Sinn im Leiden
Was Frankls Ansatz so bahnbrechend macht, ist die Einführung der Selbsttranszendenz. Der Mensch erfüllt sich nicht durch Selbstverwirklichung, sondern durch Hingabe an etwas oder jemanden, das bzw. der über ihn hinausgeht. Dies kann ein geliebter Mensch, ein bedeutungsvolles Projekt oder eine Haltung gegenüber dem eigenen Schicksal sein.
Besonders radikal ist Frankls Idee, dass sogar das Leiden Sinn haben kann. „Wenn wir ein Warum zu leben haben, ertragen wir fast jedes Wie“, schrieb er. Damit widerspricht er der klassischen Philosophie, die das Leid oft als bloße Bürde sah. Für Frankl ist es eine Chance, das Menschsein zu bewähren.
Frankl betont, dass der Mensch durch die geistige Dimension die Freiheit besitzt, sich zu seinen Lebensumständen zu verhalten und Verantwortung zu übernehmen. Dies unterscheidet ihn von Tieren, die primär durch Instinkte geleitet werden.
Integration in die therapeutische Praxis:
Elisabeth Lukas, eine Schülerin Frankls, erweitert dieses Konzept in ihrem Buch „Freiheit und Geborgenheit: Süchten entrinnen – Urvertrauen gewinnen“. Sie betont, dass Liebe und Humor den Menschen zu ungebremster Vitalität befreien und Kooperation sowie Entschlusskraft ihn an seinen Grenzen stärken. Lukas argumentiert, dass das Gegenteil von Abhängigkeit nicht Unabhängigkeit, sondern Identität ist – die Treue zum Besten in uns selbst. Dies reflektiert Frankls These der Einzigartigkeit und Würde des Menschen, da die Bewahrung der eigenen Identität ein Ausdruck dieser Würde ist.
Krise mit Würde
In einer Welt voller Unsicherheiten bleibt Frankls Botschaft zeitlos: Der Mensch ist nicht Opfer seiner Umstände. Er ist frei, Verantwortung zu übernehmen, und kann selbst im Dunkelsten einen Sinn finden. Frankls dreidimensionales Menschenbild zeigt, dass der Mensch mehr ist als ein biologisches oder psychologisches Wesen – er ist eine geistige Person, die über sich selbst hinauswächst. Diese Fähigkeit macht uns nicht nur menschlich, sondern auch würdig.
Frankl selbst ist der beste Beweis für die Kraft seines Denkens. Als Überlebender des Holocaust hat er gezeigt, dass Würde und Sinn selbst in den extremsten Situationen nicht verloren gehen müssen. Sein Werk bleibt eine Einladung, das Leben nicht nur zu ertragen, sondern es aktiv zu gestalten. Denn letztlich, so Frankl, unterscheidet uns nicht nur unsere Fähigkeit zu denken oder zu fühlen vom Tier – es ist die Fähigkeit, im Leiden Sinn zu finden und daran zu wachsen.
Quellen
… trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, Viktor E. Frankl, 1946, Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN: 978-3423343985
Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn: Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk, Viktor E. Frankl, 2005, Piper Verlag, ISBN: 978-3492048187
Das Leiden am sinnlosen Leben: Psychotherapie für heute, Viktor E. Frankl, 2009, Herder Verlag, ISBN: 978-3451613371
Der unbewusste Gott: Psychotherapie und Religion, Viktor E. Frankl, 2007, Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN: 978-3423350587
Freiheit und Geborgenheit: Süchten entrinnen – Urvertrauen gewinnen, Elisabeth Lukas, 2011, Profil Verlag, ISBN: 978-3890196695
„Schaut ja schon wieder besser aus“ – könnten wir jetzt knapp fünf Jahre nach Covid denken. Und das stimmt auch. Die Depressionen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind signifikant unter das Niveau von damals gesunken. Was allerdings auch stimmt: Die Angstsymptome sind in den letzten Jahren um fünf Prozent gestiegen. Ich kenne keine Vergleichsdaten aus Österreich, vermute aber dass sie tendenziell ähnlich sind – mit einem leichten West-Ost-Anstieg.
Ich mag den simplen Hinweis am Ende des Artikels! Fast schon zu einfach, um wahr zu sein und vor allem hochwirksam:
„Die neuen Copsy-Zahlen deuten aber auch auf ein paar Dinge hin, die Eltern und Kinder selbst tun können: zusammen essen, spielen, diskutieren, gemeinsam etwas unternehmen, Freundinnen und Mitschüler treffen. Klingt einfach, wirkt aber wahrscheinlich: Kinder und Jugendliche, die viel Zeit mit der Familie verbringen und sich von ihrem sozialen Umfeld gut unterstützt fühlen, haben ein fünf- bis zehnmal geringeres Risiko für psychische Probleme.“
Den ganzen Artikel teile ich hier gerne mit einem Geschenk-Link.
Und noch eine gute Nachricht: Die aktuelle Playlist der meist gehörten Spotify-Songs zu Weihnachten 2024 kommt mir sehr vertraut vor. Psychische Auffälligkeiten: keine.
Franz Schuh, *1947, Philosoph, Schriftsteller und Essayist, zuletzt erschienen »Ein Mann ohne Beschwerden« (Zsolnay)
…
Was gilt im Leben absolut? Umsonst ist nur der Tod, heißt es im Wienerischen Jargon, und der kostet das Leben. Das Absolute ist die theologisch-philosophische Überhöhung dessen, was man in der irdischen Gesellschaft »das Unverhandelbare« nennen kann. Das Absolute für uns Menschen – als Einzelne und im Kollektiv – ist die Endlichkeit des Lebens, die schlichte Tatsache, dass das Leben vorübergeht.
Ein einziges Mal wurde ich in meiner auf der Hand liegenden These über das Absolute unsicher. Das war bei einem Symposion über das Werk von Elias Canetti. Da sprang Vilém Flusser auf, der 1991 verstorbene Medien-Philosoph, ein Technikfreak, und wies alles, was im Sinne Canettis über den Tod zu sagen ist, weit von sich. Je mehr, sagte Flusser, ich hier zuhöre, desto unsympathischer wird mir dieser Canetti, und er stellte in Aussicht, der Tod wäre nichts Absolutes, sondern die Menschheit würde schließlich eine technische Lösung finden, um ihn zu überwinden. Die Unsterblichkeit jenseits der Transzendenz, das nenne ich technikaffin: Unsterblich im Leben, was für eine Dr. Frankenstein-Innovation.
Meine These lautet, dass der Tod das einzig Absolute ist. Das rückt das Sterben und seine zu erreichende Würde an die Spitze der Bestenliste unserer Existenz: Wir müssen was tun, wir müssen handeln, um das Sterben, zum Beispiel im Krieg, nicht empathielos zu einer Routine, zum Alltag werden zu lassen. Wir sollten Hospize einrichten und keine Abschussrampen bauen.
Aber so ein »Wir« gibt es nicht. Irgendetwas müsste mit den Ersatzformen des Absoluten passieren, was sicher nicht passiert: Der Nationalismus, der religiöse Fundamentalismus, die Gier nach Macht, die Habgier, die (selbst-)mörderische Leidenschaftsliebe, der Hass auf den Nachbarn und so weiter – diese beliebten, scheinlebendig machenden, überwertigen Motivationen werden das Leben der Vielen (und ihrer Institutionen) ad infinitum, ausfüllen.
Dagegen berühmte Zeilen aus einem Brecht-Gedicht: »Wenn die Irrtümer verbraucht sind / Sitzt als letzter Gesellschafter / Uns das Nichts gegenüber.« Anschauungsunterricht dafür bietet eine Fernsehsendung des ORF. Sie heißt »Goldener Herbst – Legenden reden über’s Leben«. Das könnte die schlimmste mediale Formatierung sein: »Legenden«, also sogenannten Prominenten das letzte Wort »über’s Leben« zu überlassen. Es ist die totale Selbstbespiegelung des Mediums, das ja entscheidet, wer prominent ist und wer.
Wie im Leben gibt der ehemalige Operndirektor Ioan Holender gleich zu Anfang der Sendung den Ton an. »Goldener Herbst«, das sei ein schöner Titel, es könnte ja auch heißen »früher Winter« – aber, sagt Holender, »nach dem Herbst kommt noch was, nach dem Winter kommt nichts«. Das ist – nach meiner Meinung – die tröstliche, aber auch vertröstende, melancholisch-ironische Variante, den Tod durch eine Redeweise ins Leben mit einzubeziehen.
Eine andere Redeweise ist erstaunlich, sie stammt von Ernst Bloch und lautet, aus dem Gedächtnis zitiert: »Der Tod – eine Erfahrung, die ich auch noch machen möchte.« Bloch war ein Atheist, ans ewige Leben, an irgendeine Art von Leben nach dem Tod, hat er nicht geglaubt. Er hat mit der willkommenen Erfahrung schlicht das Sterben selbst gemeint, auf das er neugierig ist.
Ich glaube, diese Reaktion einer zustimmenden, einverstandenen Neugier ist die einzige Möglichkeit (auch die einzig lebensbejahende), um dem Tod seine gnadenlose Absolutheit zu nehmen. Ob das in den entscheidenden Augenblicken funktioniert – na, schau mer mal.
Quelle: Gemischter Satz, Der Newsletter der ZEIT Österreich • 47/2024
Manchmal braucht es den Blick über das Gewohnte hinaus, um neue Perspektiven zu entdecken. Dieses Bild eines Eisbären in der Heimat der Pinguine erzählt eine Geschichte, die eigentlich „nicht sein kann“ – und doch wirkt sie lebendig und real.
Es stellt die Frage: Wie oft schränken wir uns selbst ein, weil wir glauben, dass etwas nicht möglich ist? Grenzen existieren oft nur in unseren Köpfen, und manchmal sind es gerade die vermeintlich unmöglichen Momente, die uns inspirieren und weiterbringen.
➡️ Was denkst Du? Kann sein, was nicht sein darf? Lass uns die Perspektiven erweitern und über das Unmögliche nachdenken.
Die Unterscheidung zwischen „Innen“ und „Außen“ ist ein zentrales Konzept in vielen esoterischen, spirituellen und philosophischen Strömungen. Sie verweist auf zwei Ebenen der Realität, die in Beziehung zueinander stehen, und versucht, die Dynamik zwischen unserem inneren Erleben und der äußeren Welt zu beschreiben.
1. Das Innen:
Das „Innen“ bezieht sich auf das innere Erleben eines Menschen. Dazu gehören:
Gefühle und Emotionen: Freude, Angst, Liebe, Trauer usw.
Gedanken und Überzeugungen: Geistige Prozesse und Glaubenssätze, die unser Weltbild formen.
Bewusstsein und Intuition: Die Verbindung zu tieferem Wissen oder einer höheren Wahrheit.
Seele und Geist: In esoterischen Kontexten wird oft vom „wahren Selbst“ oder dem „inneren Licht“ gesprochen.
Das „Innen“ wird oft als der Ort der Selbstfindung und Heilung beschrieben. Hier wird das Verständnis von sich selbst und die Verbindung zum Spirituellen gesucht.
2. Das Außen:
Das „Außen“ beschreibt die äußere Welt, in der wir leben, und umfasst:
Physische Realität: Die materielle Welt, Dinge, Menschen, Natur.
Gesellschaft und Beziehungen: Interaktionen, Strukturen und äußere Einflüsse.
Ereignisse und Erfahrungen: Alles, was einem „widerfährt“ oder was man wahrnimmt.
Das „Außen“ wird häufig als Spiegel des Inneren betrachtet – das, was in der äußeren Welt geschieht, könnte eine Projektion oder Manifestation des Inneren sein.
3. Beziehung zwischen Innen und Außen:
Viele esoterische Strömungen sehen das „Innen“ und das „Außen“ nicht als getrennte Bereiche, sondern als miteinander verflochten:
Spiegelgesetz: Die äußere Welt wird oft als Spiegel des inneren Zustands betrachtet. Beispielsweise könnte ein Konflikt im Außen ein Hinweis auf ungelöste Konflikte im Inneren sein.
Resonanzprinzip: Man zieht das an, was man innerlich ausstrahlt. Positive Gedanken und Gefühle sollen positive Erfahrungen anziehen, negative entsprechend das Gegenteil.
Transformation: Durch die Arbeit an sich selbst (Innen) kann man die äußeren Umstände (Außen) beeinflussen.
4. Kritik und Grenzen:
Das Konzept wird in esoterischen Kreisen manchmal überstrapaziert. Es gibt kritische Stimmen, die warnen, dass es in extremen Fällen dazu führen kann, äußere Umstände wie Ungerechtigkeit, Krankheit oder Trauma ausschließlich auf das Innere zurückzuführen. Dies kann zu Schuldgefühlen führen oder äußere Realitäten wie soziale Missstände ignorieren.
Fazit:
„Innen“ und „Außen“ sind Begriffe, die helfen, die Verbindung zwischen innerem Erleben und äußerer Welt zu reflektieren. Es geht darum, sowohl die innere Welt zu pflegen und zu klären als auch bewusst und achtsam mit der äußeren Welt umzugehen. Diese Balance wird oft als Schlüssel zu einem erfüllten und harmonischen Leben betrachtet.
Es war ein kühler, klarer Dezembertag, als ich eine liebe Bekannte mit dem Auto meiner Frau zur U-Bahn brachte. Sie war guter Dinge, doch während wir durch die Stadt fuhren, wurde es plötzlich still im Wagen. Wie aus dem Nichts fragte sie: „Glaubst du an Wunder?“
Ich zögerte einen Moment. Diese Frage war so direkt und doch so tief, dass ich mir bewusst Zeit nahm, die passenden Worte zu finden. „Ja,“ sagte ich schließlich, „ich glaube, dass Wunder jeden Tag geschehen.“
Ich erzählte ihr von meiner eigenen Erfahrung, die mein Leben verändert hatte. Im Dezember 2018 musste ich mich einer Notoperation unterziehen, einer ernsten, lebensbedrohlichen Situation. Die Ärzte taten alles Menschenmögliche, doch was ich damals spürte, ging darüber hinaus. Es war, als würde eine unsichtbare Hand mich tragen. Dieses Gefühl des Geborgenseins, dieses Vertrauen, dass es einen Sinn geben muss – das war für mich ein Wunder.
Ich erzählte ihr auch von Freunden, die mit schweren, medizinisch als unheilbar diagnostizierten Krankheiten kämpften. In diesen Momenten, wenn menschliche Möglichkeiten an ihre Grenzen stießen, hatten wir gemeinsam gebetet. Wir haben Gott gebeten, uns zu begleiten, haben losgelassen und das Schicksal in seine Hände gelegt. Und manchmal, nicht immer, geschah das Unfassbare: Die Menschen wurden gesund. Doch auch wenn keine Heilung kam, spürten wir eine andere Art von Wunder – Frieden, Kraft und eine innere Heilung, die uns trug.
„Ich glaube,“ sagte ich schließlich, „dass Wunder oft aufmerksames Zuhören, Mitleiden, Mitfreuen und gemeinsames Danken als Grundlage haben. Sie sind die Momente, in denen wir spüren, dass wir nicht allein sind.“
Sie lächelte und sah mich an. „Ich wollte es einfach wissen,“ sagte sie. Dann fügte sie hinzu: „Übrigens habe ich heute meinen ersten Rosenkranz gebetet.“ Ihre Worte erfüllten den Wagen mit einer unerwarteten Wärme. Ich hielt kurz inne, sah sie an und fragte: „Möchtest du, dass wir ein Ave Maria zusammen beten, bevor du aussteigst?“
Sie nickte, ein wenig überrascht, aber auch berührt. Gemeinsam beteten wir das „Gegrüßt seist Du Maria, voll der Gnade…“. Als ich am Ende die Gottesmutter direkt ansprach, bat ich sie, meine Bekannte zu beschützen und zu begleiten. Meine Worte waren einfach, aber von Herzen. Als wir fertig waren, sah sie mich an und sagte erstaunt: „Ich wusste nicht, dass man die Mutter Gottes einfach so ansprechen kann.“
Ich lächelte. „Doch, das kann man. Genau das ist das Wunderbare am Glauben. Wir dürfen Gott unseren Vater nennen, dürfen Maria als Mutter sehen und sie um Hilfe bitten. Es ist diese Nähe, die das Christentum so lebendig macht. Es ist, als ob wir immer eine Hand haben, die wir ergreifen können – in Freude, in Angst, in Dankbarkeit.“
Sie stieg aus, doch bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um. „Danke,“ sagte sie leise, „das war schön.“
Als ich weiterfuhr, dachte ich über die kleinen Wunder nach, die uns oft mitten im Alltag begegnen. Manchmal kommen sie ganz unscheinbar, in einem Gebet, einem Gespräch oder einem Lächeln. Doch wenn wir aufmerksam sind, können wir sie erkennen. Und vielleicht sind wir selbst, in diesen Momenten, ein kleines Wunder für jemand anderen.
Kritische Besprechung des Buches „Drauf geschissen!“ von Michael Leister
Harald Preyer, 20.11.2024
Michael Leisters Buch „Drauf geschissen!“ greift die Thematik auf, wie man sich von den Erwartungen und Meinungen anderer befreien kann, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Doch bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass das Werk in großen Teilen an das Erfolgsbuch „The Life-Changing Magic of Not Giving a Fck“* von Sarah Knight erinnert – bis hin zu inhaltlichen Parallelen und strukturellen Übereinstimmungen.
Inhaltliche Parallelen zu Sarah Knight
Leister führt in seinem Buch das Konzept ein, auf unwichtige Dinge „zu scheißen“, um sich auf die wirklich wichtigen Aspekte des Lebens zu konzentrieren. Dieses Grundprinzip ist nahezu identisch mit Knights Ansatz, nur ihre Version betont stärker die bewusste Prioritätensetzung und Entscheidungsfreiheit.
Einige Beispiele aus beiden Büchern:
Statussymbole als Fesseln: Leister erwähnt, wie ein Mercedes Cabrio oder andere Statussymbole die Freiheit einschränken können. Sarah Knight behandelt das gleiche Thema in ihrem Buch und hebt hervor, dass solche Entscheidungen oft aus einem Gefühl der Verpflichtung anderen gegenüber getroffen werden.
Selbstbewusstsein und eigene Prioritäten: Beide Autoren betonen, wie wichtig es ist, sich von äußeren Erwartungen zu lösen. Knight formuliert dies als „Zero F*cks Given“-Strategie, während Leister ähnliche Formulierungen nutzt, um den gleichen Punkt zu machen.
Stilistische Ähnlichkeiten
Leister verwendet einen provokanten und humorvollen Ton, der stark an Sarah Knights Schreibstil erinnert. Auch die Kapitelstruktur und die Verwendung von konkreten Fallbeispielen zeigen eine deutliche Inspiration durch Knight. So wirken Leisters Ausführungen nicht nur wie eine Übersetzung, sondern auch wie eine weniger tiefgründige Kopie des Originals.
Fehlende Originalität
Während Sarah Knights Buch durch seine klare Struktur und tiefgründige Analysen hervorsticht, bleibt Leisters Werk eher an der Oberfläche. Oft fehlen innovative Ansätze oder neue Perspektiven, die über das hinausgehen, was Knight bereits auf den Punkt gebracht hat. Wer Knights Buch kennt, wird in Leisters Werk wenig Neues finden.
Kritikpunkte
Mangelnde Eigenständigkeit: Der größte Kritikpunkt bleibt die frappierende Ähnlichkeit zu Sarah Knights Buch. Es stellt sich die Frage, ob Leisters Buch mehr als eine Wiederholung für ein deutschsprachiges Publikum ist.
Wiederholungen: Viele Abschnitte wiederholen ähnliche Argumente, ohne zusätzliche Tiefe oder neue Einsichten zu bieten.
Fehlender Tiefgang: Im Vergleich zu Knight bleibt Leisters Werk an vielen Stellen oberflächlich und bietet weniger fundierte Methoden, wie Leser*innen tatsächlich ihre Einstellung ändern können.
Fazit
Drauf geschissen! von Michael Leister liefert einige brauchbare Anregungen, um ein selbstbestimmteres Leben zu führen, leidet jedoch an der mangelnden Eigenständigkeit. Für Leser*innen, die Sarah Knights Buch bereits kennen, bietet Leister kaum Neues – außer einer etwas anderen Verpackung. Wer das Original noch nicht gelesen hat, könnte von Leisters Werk profitieren, sollte jedoch wissen, dass es ein eher schwächeres Derivat eines erfolgreichen Konzeptes ist.
Meine persönliche Empfehlung: Machen Sie eine Inventur über all das, wofür Sie dankbar sein können. Das macht wirklich frei von all dem, was wir vermuten, „haben“ zu müssen, um glücklich zu „sein“. Achtung: Vieles davon könnte bereits selbstverständlich geworden sein.
„Drauf geschissen!: Wie dir endlich egal wird, was die anderen denken“ von Michael Leister: ISBN 978-3-948187-00-2.
„The Life-Changing Magic of Not Giving a F*ck: How to Stop Spending Time You Don’t Have with People You Don’t Like Doing Things You Don’t Want to Do“ von Sarah Knight: ISBN 978-0-316-27072-4.
„Deus Caritas Est“ – „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,16). Dieser Satz aus dem Christentum bringt auf den Punkt, was viele Religionen in unterschiedlicher Weise formulieren: Liebe, Mitgefühl und der Wunsch nach einer höheren Verbindung prägen die spirituellen Traditionen der Menschheit. Der Dalai Lama drückt es so aus: „Die Seele aller Religionen ist eins.“
Doch wie einheitlich ist diese Seele tatsächlich? Die großen Weltreligionen haben sich über Jahrtausende hinweg entwickelt, jede mit ihrer eigenen Geschichte, Symbolik und Interpretation des Göttlichen. Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es Unterschiede in ihrer Gottesvorstellung, Ethik und ihrem Verständnis von Erlösung. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Religionen, ihre Entstehung und Bedeutung in der modernen Welt.
16 Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. 17 Darin ist unter uns die Liebe vollendet, dass wir am Tag des Gerichts Zuversicht haben. Denn wie er, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe. 19 Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. 20 Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. 21 Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben.1, Joh 4, 16
Was die Religionen verbindet und trennt
Religionen teilen eine fundamentale Suche nach Sinn und Transzendenz. Der Hinduismus (ॐ), die älteste der Weltreligionen, beschreibt eine spirituelle Einheit, die alle Wesen durchdringt. Das Judentum (✡) sieht den Bund mit einem persönlichen Gott als zentral. Der Buddhismus (☸) verzichtet auf eine Gottesvorstellung und konzentriert sich auf Mitgefühl und die Überwindung von Leiden. Der Taoismus (☯) sieht Harmonie mit dem kosmischen Prinzip Tao als Weg zur Erfüllung.
Das Christentum (✝) hebt sich durch die Vorstellung eines persönlichen Gottes ab, der „Vater“ genannt werden kann. Die Liebe Gottes, sichtbar in Jesus Christus, bildet das Fundament. Ähnlich betont der Islam (☪) die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, unterscheidet sich jedoch durch die Ablehnung der Trinität und die Rolle Jesu als Prophet. Der Sikhismus (☬) sieht die Liebe zu Gott in Verbindung mit Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Der Bahá’í-Glaube (✶) wiederum betont die Einheit aller Religionen, während indigene Religionen (🌿) das Göttliche in der Natur und den Ahnen finden.
Entstehung der Religionen
Viele Religionen sind als Antwort auf gesellschaftliche Krisen und spirituelle Fragen entstanden. Die ältesten, Hinduismus und Judentum, wurzeln tief in der Geschichte. Philosophische Ansätze wie Buddhismus und Taoismus entwickelten sich in Zeiten kulturellen Umbruchs, während jüngere Religionen wie Islam, Sikhismus und Bahá’í-Glaube aus reformatorischen Bewegungen hervorgingen.
Faktenbox 1: Entstehung der Religionen
Religion
Wann
Wo
Hinduismus (ॐ)
Ca. 1500 v. Chr.
Indien
Judentum (✡)
Ca. 1200 v. Chr.
Naher Osten
Buddhismus (☸)
5./6. Jh. v. Chr.
Indien
Taoismus (☯)
4. Jh. v. Chr.
China
Christentum (✝)
1. Jh. n. Chr.
Naher Osten
Islam (☪)
7. Jh. n. Chr.
Mekka/Arabien
Sikhismus (☬)
15. Jh. n. Chr.
Indien
Bahá’í-Glaube (✶)
1844
Persien
Indigene (🌿)
Seit Jahrtausenden
Weltweit
Bedeutung in der modernen Welt
Die großen Religionen beeinflussen weiterhin das Leben von Milliarden Menschen. Das Christentum ist mit 2,4 Milliarden Gläubigen die größte Religion, während der Islam vor allem auf Grund der Geburtenpolitik seiner Mitglieder mit 1,9 Milliarden die am schnellsten wachsende ist.
Das Christentum ist mit seinen rund 500.000 Priestern, ein globaler Player der Nächstenliebe
Faktenbox 2: Bedeutung heute und Trends
Religion
Anhänger (ca.)
Tendenz
Christentum (✝)
2,4 Milliarden
Schrumpfend in Europa, wachsend in Afrika/Asien
Islam (☪)
1,9 Milliarden
Wachsend
Hinduismus (ॐ)
1,2 Milliarden
Stabil
Buddhismus (☸)
500 Millionen
Stabil bis leicht rückläufig
Judentum (✡)
15 Millionen
Stabil
Taoismus (☯)
20–30 Millionen
Schrumpfend
Sikhismus (☬)
30 Millionen
Stabil bis wachsend
Bahá’í-Glaube (✶)
6–8 Millionen
Wachsend
Indigene (🌿)
Hundert Millionen
Bedroht
Christliche Organisationen betreiben weltweit eine Vielzahl sozialer Einrichtungen, darunter Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und weitere soziale Dienste. Diese Einrichtungen werden von verschiedenen christlichen Konfessionen und Organisationen getragen, wie der römisch-katholischen Kirche, der evangelischen Kirche und anderen christlichen Gemeinschaften.
Katholische Kirche: Die katholische Kirche ist einer der größten Träger sozialer Einrichtungen weltweit. Laut dem Annuario Pontificio 2022 betreibt die katholische Kirche weltweit:
Schulen: Über 216.000 Schulen mit mehr als 60 Millionen Schülern.
Krankenhäuser: Rund 5.500 Krankenhäuser.
Altenheime: Etwa 15.000 Alten- und Pflegeheime.
In Deutschland ist die Caritas der größte katholische Wohlfahrtsverband. Sie beschäftigt rund 695.000 Mitarbeiter in etwa 25.000 Einrichtungen und Diensten.
Evangelische Kirche: Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirche. In Deutschland umfasst die Diakonie etwa 30.000 Einrichtungen, darunter Krankenhäuser, Pflegeheime, Kindertagesstätten und Beratungsstellen. Sie beschäftigt mehr als 627.000 hauptamtliche Mitarbeiter.
Österreich: In Österreich ist die Caritas eine bedeutende christliche Organisation im sozialen Bereich. Die Caritas der Erzdiözese Wien beschäftigt über 5.948 hauptberufliche Mitarbeiter und wird von 15.638 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt.
Weltweit: Weltweit betreiben christliche Organisationen zahlreiche soziale Einrichtungen. Die genaue Anzahl der Mitarbeiter variiert je nach Land und Organisation. In vielen Ländern sind christliche Krankenhäuser, Schulen und soziale Dienste ein wesentlicher Bestandteil des Gesundheitssystems und der sozialen Versorgung.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Zahlen je nach Quelle und Jahr variieren können. Dennoch verdeutlichen sie den erheblichen Beitrag christlicher Organisationen im sozialen Sektor weltweit.
Wie praktizieren die Gläubigen die Ausübung ihrer Religion?
Die Ausübung von Religion ist vielfältig und tief in den Traditionen jeder Glaubensgemeinschaft verwurzelt. Hindus verehren Gottheiten mit Ritualen, Opfergaben und Meditation, während Juden Gebete, den Sabbat und koschere Speisegesetze einhalten. Muslime richten ihre Gebete fünfmal täglich gen Mekka und fasten im Ramadan, während Christen die Sakramente feiern und sonntags Gottesdienste besuchen. Buddhisten meditieren, rezitieren Sutras und streben nach Erleuchtung, und Taoisten suchen Harmonie durch Meditation und Qi Gong. Sikhismus betont die tägliche Gebetspraxis, Gemeinschaft und soziale Gerechtigkeit, während Bahá’í in Einheit und Meditation die Verbindung zu Gott suchen. Indigene Religionen schließlich verbinden spirituelle Rituale oft mit Naturverehrung.
Erkennbar sind Gläubige oft an Symbolen oder Kleidung: Juden tragen Kippa oder Tallit, Muslime Kopftücher oder traditionelle Gewänder, Sikhs Turbane und das eiserne Armband Kara, während Christen häufig ein Kreuz als Schmuck tragen. Buddhistische und taoistische Mönche fallen durch ihre einfachen Roben auf, während bei Hindus und indigenen Religionen Schmuck oder Kleidung mit spirituellen Motiven verbreitet sind.
Faktenbox 3: Praxis der Religionsausübung und Erkennungsmerkmale
Die Praxis und die Symbole sind ein Ausdruck der spirituellen Identität der Gläubigen und oft tief in ihrem Alltag verankert.
Conclusio
Die Religionen der Welt spiegeln die Vielfalt menschlicher Sehnsüchte und Perspektiven wider. Sie teilen universelle Werte wie Mitgefühl, Ethik und die Suche nach Sinn, unterscheiden sich jedoch in ihren Wegen zu Gott, ihrer Kosmologie und ihrer Vorstellung von Heil und Erlösung.
Die Worte des Dalai Lama, dass „die Seele aller Religionen eins“ sei, laden uns ein, diese Gemeinsamkeiten zu erkennen und Unterschiede zu respektieren. In einer Welt voller Veränderungen bleibt Religion eine Quelle der Hoffnung und Orientierung – eine Brücke zwischen Tradition und Moderne.
Quellen
Die Bibel (Einheitsübersetzung 2016)
Grundlage für christliche Lehren und Praxis, insbesondere die Aussage „Deus Caritas Est“ (1 Joh 4,16).