Also irgendwie ist seit gestern alles anders. Angefangen hat es vor ein paar Tagen mit einer warmen Schnauze und ich war traurig. Wollte schon immer Spazieren gehen aber gefressen habe ich nur langsam und es war gar nicht so gut wie sonst.
Dann hat Frauchen gesagt: „Beten wir mit Teddy!“ Das habe ich noch nie gemacht. Wir haben die vier Kerzen auf den grünen zusammengebundenen Zweigen auf dem Tisch angezündet. Dann waren wir ganz still. Und dann haben die Glocken von der Kirche gegenüber geläutet und Harry hat was von einem Engel gesagt und Frauchen hat dreimal die gleiche Geschichte von Maria erzählt und dann haben mich beide mit Wasser von dem kleinen Schälchen angespritzt, das neben der Türe hängt.
Und heute haben dann am Abend die Glocken noch lauter geläutet als sonst. Und als Harry wieder da war, sind wir in die Kirche gegenüber gegangen. Da waren viel mehr Autos im Hof als sonst. Und drinnen haben viele Menschen gesungen. Ich habe gar nichts verstanden. Das war nicht Deutsch. Ganz sicher nicht. Weil sonst hätte ich wenigstens ein paar Worte verstanden. Aber es war eine ganz warme feine Sprache.
Und dann haben wir uns vor einen Tisch gesetzt. Da war ein rotes Tischtuch und darauf ein Haus mit viel Licht. Und gerochen hat es ganz nach viel Rauch – aber feiner Rauch, so süss, und doch nicht wie Schokolade – eher wie Harz im Wald, wie Rosen im Garten – anders als sonst.
Und Harry hat mich ganz lieb lange hinter den Ohren und am Rücken gestreichelt. Und dann hat er gesagt: „Spürst Du das Christkind, Teddy?“ Ich hab‘ dann die Augen zugemacht und irgendwie war das ein anderes Streicheln. Noch liebevoller und ganz zart und kräftig zugleich.
Und dann sind wir nach Hause gegangen und Yuliya hat mir auf die Schnauze gegriffen und die war ganz wie sonst – kühl und feucht.
Und jetzt wünsche ich Euch ganz frohe Weihnachten und dass Euch das Christkind auch so fein streichelt. Ich mag das.
—
Die chaldäisch-katholische Gemeinde in Wien feiert ihre Gottesdienste regelmäßig in der Pfarre St. Benedikt am Leberberg. Sie verwendet traditionell den ostsyrischen Ritus in der Liturgie und die aramäische Sprache – also die Umgangssprache Jesu – insbesondere in der Eucharistie.