Das Fest der heiligen Familie – einmal ganz anders

Homilie von P. Johannes Paul Abrahamowicz am 28.12.2024

„… Seine Mutter aber bewahrte all die Worte in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen. Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.“ Lk 2, 41 – 52

Am Fest der Heiligen Familie könnte man sich fragen, ja, was sollen wir jetzt also tun? Das ist immer eine der häufigsten Fragen, was sollen wir tun? Vielleicht ist das gar nicht so gut, dass wir uns das immer wieder fragen. Solange wir uns immer nur fragen, was soll ich tun, fragen wir uns gar nicht, was sagt uns denn Gott Schönes?

Kennen Sie diesen Spruch? Wenn man sagt, was gibt es da heute Gutes zu essen? Und dann sagt jemand das und das, na ja, ich habe gefragt, was es Gutes gibt. Das ist so ein Schmäh, um zu sagen, ich erwarte mir was Gutes. Das wäre gar nicht so schlecht, wenn wir mit dieser Einstellung in jeden Gottesdienst gehen. Was hören wir denn Gutes heute von Gott? Was hören wir denn Gutes? Wenn wir immer nur mit der Einstellung kommen, was muss ich denn machen, womöglich, damit dann Gott gut zu mir ist. Nein, was höre ich denn Gutes? Denn Gott ist gut zu mir.

Dann könnte man also denken beim Fest der Familie, ja, ich muss das und ich muss das und ich muss das machen. Und die Familie sei, weiß Gott, was für ein Vorbild. Aber wenn ich mir jetzt dieses Gebet anschaue, das wir am Beginn der Messe gesprochen haben (1) , ist schon sehr wichtig, dass hier nicht darüber gesprochen wird, wie die Blutsverwandtschaft und das eheliche Verhältnis ist. Weil wir wissen eh, wie das eheliche Verhältnis  zwischen Josef und Maria ist. Und dass Jesus eigentlich ein lediges Kind ist. Also so ein großes Vorbild kann dieses Verhältnis gar nicht sein. Vielmehr ist etwas anderes das Vorbild. Die Liebe zwischen Vater, Mutter und Kind. Und das haben wir auch in dem Gebet gehabt. „Gib unseren Familien die Gnade, dass auch sie in Frömmigkeit und Eintracht leben und einander in der Liebe verbunden bleiben.“

Das Gebet geht dann noch weiter, aber das ist schon der Hauptsatz, der wichtigste Satz, in diesem Gebet. Und die Liebe ist klar. Wenn wir sehen, die Mutter braucht etwas oder der Vater braucht etwas oder wenn die Eltern sehen, das Kind braucht etwas, dann hilft man. Aber wenn es nicht so einfach ist, wenn es nicht so einfach ist, dann wird es schwierig. Wenn das Kind etwas haben möchte und wir sind dann nicht so sicher, ob das etwas Gutes ist. Oder wenn die Eltern was haben wollen und die Kinder sind nicht ganz sicher, ob das etwas Gutes ist. Der 90-jährige Opa möchte den Autoschlüssel wieder haben. Ist das sowas Gutes? Dann sage ich, ja ich liebe den Opa und deswegen gebe ich ihm den Schlüssel. Also das sind aber Beispiele, wo es sehr einfach ist, zu entscheiden, das ist was Gutes und das ist nicht was Gutes. Dann ist es besser, man schenkt dem Opa Zeit, Liebe, Gespräch, aber nicht den Schlüssel.

Es gibt aber andere Augenblicke, wo weder die Eltern genau wissen, was für das Kind gut ist, noch die Kinder wissen, was für die Eltern gut ist. Und da sehe ich im Evangelium, aber auch in den Evangelien der letzten Tage, ein Vorbild, ja ein Beispiel etwas, woran wir ein Beispiel nehmen können.

Und das sind Augenblicke, in denen sich Gott einmischt in das Leben. Und wenn Gott sich einmischt in das Leben, wissen wir oft nicht, wozu, wo soll das hinführen? Wie soll ich darauf reagieren? Und das ist bei Maria der Fall. Zum Beispiel, die Engel sagen den Hirten, geht nach Bethlehem. Dort werdet ihr finden, das Kind in der Krippe und das ist also weiß ich was alles, der König und Friede auf Erden und alles mögliche, dann gehen sie hin und finden das genauso, wie die Engel es ihnen gesagt haben. Und dann heißt es unter anderem, und sie erzählten es, dass die Engel ihnen das gesagt haben und dass sie alles so vorgefunden haben.

Und Maria staunt, aber bewahrt es in ihrem Herzen. Sie kommentiert es nicht gleich. Aber ähnlich war es schon vorher bei der Verkündigung. Du, junges Mädchen, bist noch gar nicht verheiratet, du sollst ein Kind bekommen, dieses Kind ist nicht irgendwer, ist der Höchste und so weiter. Maria sagt, Moment, wie soll das geschehen? Ich bin ja nicht verheiratet. Macht euch keine Sorgen, auch da mische ich mich ein. Und Maria sagt, okay. Sie sagt nur „okay“, sie sagt „ja, ich bin bereit“, aber sie trifft keine Entscheidungen. Und das ist vielleicht gut.

Man muss nicht immer eine Entscheidung treffen. Wenn Gott sich einmischt, kommt es darauf an, ob ich mich auskenne oder nicht. Wenn ich mich nicht auskenne, kann ich es einfach auch so stehen lassen. Und bei den Hirten kennt sie sich auch nicht weiß Gott wie aus. Sie denkt aber sicher auch an das, was die Hirten sagen und was der Engel Gabriel gesagt hat. Das passt doch irgendwie zusammen. Aber sie kann sich noch nicht genau etwas daraus reimen. Sie denkt darüber nach. Dann bringen sie das Kind in den Tempel und der Simeon, der gerechte Simeon, der sagt auch ganz, ganz großartige Dinge, wir feiern das am 2. Februar (2). Die Eltern staunten. Aber es heißt nicht, dass sie es kommentiert haben. Also jetzt wird auch Josef hinzugenommen, das finde ich sehr nett, dass nicht nur Maria, sondern auch Josef staunen.

Gott mischt sich ein. Wie oft mischt sich Gott in dein Leben ein? Du kennst dich nicht aus. Du musst nicht gleich weiß Gott was entscheiden. Du musst nicht. Lass es einfach einmal geschehen.

Und dann, wenn das Kind zwölf Jahre alt ist. Sie haben es eh schon ziemlich erwachsen behandelt. Denn ab dem 12. Lebensjahr gilt man schon als Erwachsener mit einer bestimmten Feier dazu. Und wenn sie mit der ganzen Gruppe, mit der sie hin gepilgert sind, auch wieder zurück pilgern und sie finden das Kind nicht gleich. Naja, der ist ja schon erwachsen, der wird ja irgendwo mit der Gruppe sein. Ist ja eine größere Gruppe. Dann sehen sie, dass er nicht da ist. Und dann gehen sie ihn schon suchen. Und Jesus sagt so komische Dinge: „Wieso habt ihr mich in ganz Jerusalem gesucht? Es wäre schneller gewesen, wenn ihr gleich im Tempel gesucht hättet. Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, das meinem Vater gehört?“

Das ist doch etwas. Wir können nicht einfach sagen, ja ist eh klar, wir kennen uns aus. Ja, im Nachhinein, im Nachhinein. Aber für Maria ist das nicht so klar und deutlich. Dann geht er mit ihnen mit, ist ihnen gehorsam und zum Schluss heißt es wieder, seine Mutter aber bewahrte all die Worte in ihrem Herzen. Was hat ihr das gebracht? Das hat ihr gebracht, dass dann beim Leiden Jesu sie einiges verstanden hat. Und dann war sie nicht entsetzt darüber, dass ihr Sohn so leidet. Sie war sicher sehr, sehr entsetzt darüber, wie ihr Sohn leidet. Aber sie hat schon verstanden, was es heißt. Und damit sind schon viele Sorgen weggenommen. Sie hat die ganz normale mütterliche, das mütterliche Mitleiden gehabt beim leidenden Sohn. Aber sie hat nicht die große Frage gehabt, wieso das Ganze. Das hat sie alles im Herzen bewahrt seit der Kindheit.

Also wenn Gott sich in unser Leben einmischt, dann müssen wir nicht gleich Entscheidungen treffen. Lassen wir es einmal geschehen. Und auch das ist Liebe. Liebe zwischen den Eltern und den Kindern. Amen.

(1) Tagesgebet
Herr, unser Gott, in der Heiligen Familie hast du uns ein leuchtendes Vorbild geschenkt. Gib unseren Familien die Gnade, dass auch sie in Frömmigkeit und Eintracht leben und einander in der Liebe verbunden bleiben. Führe uns alle zur ewigen Gemeinschaft in deinem Vaterhaus. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

(2) Am 2. Februar feiern wir das Fest der Darstellung des Herrn, das im Volksmund oft als Mariä Lichtmess bezeichnet wird. Dieses Fest erinnert an die Darstellung Jesu im Tempel, wie im Evangelium nach Lukas (Lk 2,22-40) berichtet wird. Es ist eng verbunden mit der Begegnung Jesu mit Simeon und Hanna, die ihn im Tempel erkennen und als das „Licht für die Völker“ preisen.

Evangelium und Predigt im O-Ton.

Transkript des Audio-Mittschnitts möglicherweise mit Hör- und Tippfehlern von Harald Preyer.

Die vier Frauen im Stammbaum Jesu

In der Genealogie Jesu (Mt 1, 1–17) nennt Matthäus bewusst vier FrauenTamar, Rahab, Rut und Batseba (als „die Frau des Urija“). Diese Nennungen sind ungewöhnlich, da genealogische Listen in der jüdischen Tradition typischerweise nur Männer enthalten.

Die Auswahl dieser Frauen ist kein Zufall, sondern hat theologische und symbolische Bedeutung. Warum gerade diese vier?


1. Tamar (Gen 38)

  • Tamar verkleidete sich als Prostituierte, um ihrem Schwiegervater Juda einen Erben zu verschaffen, da dieser seine Verpflichtung nicht erfüllte.
  • Botschaft: Gott wirkt auch in scheinbar unmoralischen oder skandalösen Situationen. Tamar zeigt Mut, Durchsetzungskraft und ein Gespür für Gerechtigkeit.

2. Rahab (Jos 2)

  • Rahab war eine kanaanitische Prostituierte in Jericho, die die israelitischen Kundschafter versteckte und damit Israels Sieg vorbereitete.
  • Botschaft: Gottes Heil gilt auch den Heiden und Menschen am Rand der Gesellschaft. Rahab ist ein Beispiel für Glauben und Gotteserkenntnis, obwohl sie eine Außenseiterin war.

3. Rut (Buch Rut)

  • Rut, eine Moabiterin, war eine fremde Frau, die ihrem jüdischen Schwiegervater nach Bethlehem folgte und die Urgroßmutter König Davids wurde.
  • Botschaft: Gottes Plan schließt alle Völker ein. Rut steht für Treue, Loyalität und die Überwindung von ethnischen Grenzen.

4. Batseba („die Frau des Urija“, 2 Sam 11–12)

  • Batseba wurde Davids Frau, nachdem David ihren Ehemann Urija indirekt in den Tod schickte, um seine Beziehung mit ihr zu vertuschen.
  • Botschaft: Auch große Sünden und menschliches Versagen können durch Gottes Barmherzigkeit in die Heilsgeschichte eingebunden werden. Batseba ist zudem die Mutter Salomos, der den Tempel erbauen ließ.

Warum diese vier Frauen?

  1. Skandale und Außenseitertum: Alle vier Frauen waren mit Situationen konfrontiert, die moralisch oder gesellschaftlich fragwürdig erschienen. Dennoch wählte Gott sie als Teil seines Heilsplans.
  2. Heiden und Fremde: Tamar, Rahab und Rut waren entweder selbst Heiden oder mit ihnen verbunden. Matthäus macht damit deutlich, dass das Heil in Jesus Christus auch für Nicht-Juden offen ist.
  3. Gottes Handeln durch das Unerwartete: Gott wirkt oft durch Menschen, die von der Gesellschaft übersehen oder verurteilt werden. Er schreibt seine Geschichte mit unvollkommenen und unkonventionellen Personen.
  4. Vorwegnahme Mariens: Die Erwähnung dieser Frauen bereitet den Leser auf Maria, die Mutter Jesu, vor. Auch bei ihr handelt Gott auf überraschende und unkonventionelle Weise durch die Jungfrauengeburt.

Theologische Kernbotschaft

Matthäus zeigt mit diesen Frauen, dass die Heilsgeschichte nicht von Perfektion abhängt, sondern von Gottes Gnade. Er betont:

  • Gottes Universalität: Das Heil ist für alle Menschen da – Juden, Heiden, Männer und Frauen.
  • Gottes Barmherzigkeit: Sünde, Leid und menschliches Versagen können von Gott verwandelt werden.
  • Das Unerwartete: Gottes Wege sind oft anders als menschliche Erwartungen.

Durch diese Frauen bereitet Matthäus die Leser darauf vor, dass Jesus Christus nicht nur der Messias Israels, sondern der Erlöser der ganzen Welt ist.

Luca entdeckt die Hoffnung

Harald Preyer, Weihnachten 2024

Stell Dir eine ganz schlichte Szene vor: An einem kühlen Dezembermorgen, noch vor Sonnenaufgang, schlüpft ein Junge namens Luca leise aus seinem Zimmer. Er lebt in einer großen Stadt im Süden Italiens. In der Nähe der Wohnung steht eine alte Kirche. In dieser Kirche hängt ein ungewöhnliches Mosaik – eine Darstellung der Geburt Jesu, in leuchtenden Gold- und Blautönen, so alt, dass niemand mehr genau weiß, wann es entstand.

Luca schleicht durch die leere Kirche, in der nur eine Kerze in der Nähe des Altars flackert. Er kennt diesen Ort gut – hier hat seine Nonna ihm vor ein paar Jahren erklärt, wer das Kind in der Krippe ist. „Es ist ein Kind, ganz verletzlich“, hatte sie gesagt, „ein Kind, das die Menschen daran erinnert, wie wichtig Liebe, Mitgefühl und Dankbarkeit sind.“ Damals war Luca zu jung, um viel darüber nachzudenken.

Heute ist er größer. Er stellt sich vor das Mosaik. Da sitzt Maria im dunkelblau goldenen Gewand in einer dunklen Höhle, das Kind ganz eingewickelt in Binden in seinem heiligen Schein ein weißes Kreuz, Josef in nachdenklicher Haltung, und darüber ein Stern. Dahinter kommen drei Engel und drei Menschen auf Pferden zum Kind. Ganz nahe der Krippe schnuppern Ochse und Esel es neugierig an. Ein großer Engel mit Stab sagt anderen die noch draußen sind, die gute Nachricht, dass ein Kind geboren wurde. Der kleine Engel darunter weist mit seiner rechten Hand auf das Kind. Zwei Männer bringen Gaben. Wo ist der Dritte? Ganz vorne wird ein Bad vorbereitet. Oder wird ein Taufbecken gefüllt? Es ist alles so still, als ob die ganze Szene darauf wartet, dass Luca  sie entdeckt.

In seiner Hand hält Luca  eine getrocknete Blume, die er im Herbst im Garten der Großmutter gefunden hat. Er weiß, dass sie längst verblüht ist, dennoch trägt er sie immer bei sich, als Erinnerung an etwas Schönes und im Vertrauen auf die Liebe seiner Nonna. Er betrachtet das Mosaik und denkt: „Wenn ein Kind in einer finsteren Höhle Licht bringen kann, dann kann ich vielleicht auch etwas Gutes tun.“

Geburt Christi
Palermo

Geburt Jesu, Mosaik, Capella Palatina, Palermo, um 1150, © akg-images / Manuel Cohen, entnommen aus Magnificat – das Stundenbuch, Dezember 2024

Er stellt sich vor, wie die Hirten sich gefreut haben und dankbar waren, als sie das Kind sahen. Kein großes Palastlicht, kein Pomp, nur ein Stall, eine Höhle, ein kleines Licht im Dunkeln. Und doch war es mehr als genug, um neue Hoffnung in ihren Herzen zu entfachen.

Als Luca schließlich die Kirche verlässt, ist es draußen noch immer dunkel. Aber in seinem Inneren spürt er ein leises Leuchten. Er beschließt, heute freundlicher zu sein, geduldiger, hilfsbereiter. Und während er langsam nach Hause geht, denkt er daran, wie dieses kleine Kind schon vor so langer Zeit den Menschen gezeigt hat, dass selbst in der größten Dunkelheit ein Funken Hoffnung aufscheinen kann.

Das ist alles. Eine einfache Szene, ein Junge vor einem alten Bild. Aber in unseren Herzen beginnt etwas zu wachsen weit über das Bild hinaus und herüber ins Heute – genau wie damals im Stall von Bethlehem.

Feiertage

Diese Übersicht wichtiger Feiertage aus den drei großen monotheistischen Religionen in Österreich (Christentum, Judentum, Islam) soll dazu beitragen, miteinander zu reden und zu feiern, statt gegeneinander zu kämpfen.

Ein allgemeiner Überblick zu den Feiertagen samt Erklärung ihrer Bedeutung findet sich etwa unter https://www.feiertagsgruss.at.


Christentum (überwiegend römisch-katholisch in Österreich)

Feste mit fixem Datum (katholisch)

  • Heilige Drei Könige (Epiphanie): 6. Januar (gesetzlicher Feiertag)
  • Mariä Empfängnis: 8. Dezember (gesetzlicher Feiertag)
  • Maria Himmelfahrt: 15. August (gesetzlicher Feiertag)
  • Allerheiligen: 1. November (gesetzlicher Feiertag)
  • Weihnachten:
    • Heiligabend: 24. Dezember (kein gesetzlicher Feiertag, aber traditionell bedeutend)
    • Christtag: 25. Dezember (gesetzlicher Feiertag)
    • Stefanitag: 26. Dezember (gesetzlicher Feiertag)

Feste mit beweglichem Datum (katholisch, abhängig vom Osterdatum)

  • Aschermittwoch (Beginn der Fastenzeit, kein gesetzlicher Feiertag)
  • Palmsonntag (Sonntag vor Ostern)
  • Gründonnerstag (Donnerstag vor Ostern)
  • Karfreitag (in Österreich kein gesetzlicher Feiertag, aber für evangelische Christen bedeutsam)
  • Ostern:
    • Ostersonntag (wichtigster christlicher Feiertag: Auferstehung Jesu)
    • Ostermontag (gesetzlicher Feiertag)
  • Christi Himmelfahrt (40 Tage nach Ostern, gesetzlicher Feiertag)
  • Pfingsten:
    • Pfingstsonntag (50 Tage nach Ostern)
    • Pfingstmontag (gesetzlicher Feiertag)
  • Fronleichnam (60 Tage nach Ostern, gesetzlicher Feiertag)

Die vier Adventsonntage (katholisch) mit ihren lateinischen Bezeichnungen

    1. Adventsonntag: Ad te levavi („Zu dir erhebe ich“)
    1. Adventsonntag: Populus Sion („Volk von Zion“)
    1. Adventsonntag: Gaudete („Freut euch!“) – mit rosafarbener Kerze oder Gewändern als Zeichen der Vorfreude
    1. Adventsonntag: Rorate („Tauet, ihr Himmel“)

Wichtige evangelische Feiertage

  • Reformationstag: 31. Oktober (kein gesetzlicher Feiertag in Österreich, aber hoher Stellenwert für evangelische Christen)
  • Ewigkeitssonntag (Totensonntag): Letzter Sonntag vor dem 1. Advent (Gedenktag für die Verstorbenen und Abschluss des Kirchenjahres)

Judentum

(Jüdische Feiertage beginnen meist am Vorabend nach Sonnenuntergang und wechseln jährlich ihr Datum im gregorianischen Kalender.)

  • Rosch Haschana (Jüdisches Neujahr, meist im September)
  • Jom Kippur (Versöhnungstag, wichtigster jüdischer Feiertag, 10 Tage nach Rosch Haschana)
  • Sukkot (Laubhüttenfest, erinnert an die Wüstenwanderung, im Herbst)
  • Pessach (meist im März/April, erinnert an den Auszug aus Ägypten)
  • Schawuot (Wochenfest, etwa Mai/Juni, erinnert an die Gabe der Tora)
  • Chanukka (Lichterfest, meist im Dezember, erinnert an die Neuweihe des Tempels)

Islam

(Die islamischen Feiertage verschieben sich jährlich um ca. 10–11 Tage rückwärts im Sonnenkalender, da der Islam einen Mondkalender verwendet.)

  • Ramadan (Fastenmonat, kein einzelner Feiertag, sondern ein ganzer Monat des Fastens und der Besinnung)
  • Eid al-Fitr (Zuckerfest): Fest zum Abschluss des Ramadan
  • Eid al-Adha (Opferfest): Wichtigster islamischer Feiertag, erinnert an Abrahams (Ibrahims) Opferbereitschaft
  • Mawlid an-Nabi (Geburtstag des Propheten Mohammed, in vielen islamischen Gemeinschaften gefeiert)
  • Hidschri-Neujahr (Islamisches Neujahr)

Diese Übersicht soll einen umfangreichen Einblick in die wichtigsten Feiertage der drei großen monotheistischen Religionen in Österreich geben. Sie dient als Orientierung, ohne jedoch den Anspruch auf Vollständigkeit oder aktuelle Datumsangaben für variable Feiertage zu erheben.

Der Geist der Weisheit

Predigt von Bischof Dr. Manfred Scheuer bei der Zeugnisfeier für die Absolvent:innen des Theologischen Fernkurses in Puchberg am 13.09.2024

Dr. Manfred Scheuer
Bischof der Diözese Linz
(seit 17. Jänner 2016)

Foto: Hermann Wakolbinger, Diözese Linz 

Ist Dummheit eine Sünde? Diese provokante Frage stellt Thomas von Aquin.[1] Bei der Antwort geht es nicht um Studenten, die sich beim Studieren einmal schwer tun oder die bei einer Prüfung einmal durchfallen. Aber, so Thomas im 13. Jh., die Torheit bzw. Dummheit (stultitia), die Stumpfsinnigkeit und Herzensblödheit ein­schließt, ist dann nicht frei von Sünde, wenn der Mensch sich so sehr in die ir­dischen Dinge versenkt und ein Fachidiot wird, dass er untauglich wird, in der Weisheit die göttliche Wirklichkeit aufzunehmen. Das Laster der Torheit ent­stamme zumeist der „luxuria“, d. h. der Üppigkeit, der Vergnügungssucht, der Genusssucht, auch der Zügellosigkeit in der Ausübung der Macht oder in der Sexualität.

Jeder sitzt in seiner Blase und ist gekränkt, weil es auch noch andere Meinungen gibt: willkommen in der passiv aggressiven Gesellschaft. Auch in der Politik will man gar nicht mehr diskutieren: Der Wähler, der eine andere Meinung hat, gilt als bockiges Kind, das man mit Nichtachtung straft.

Ziel des theologischen Studiums sind nicht bloß Techniken oder gespeichertes Wissen sehen, sondern eine Urteilskraft, die zum „guten Leben“, zur Fülle des Lebens, zum ewigen Leben. Dabei können Gebote dem Studium und der der Wissenschaft eine innere Ausrichtung und Ordnung geben. Denn auch Studium und Wissenschaft sind nicht wertneutral, sondern an personale Verantwortung und ethische Werte gebunden.

Im Studium steht die eigene Person in einem Gefüge von Politik, Wissenschaft, Öffentlichkeit, Ethik, Ökonomie. Da gibt es viele Sachzwänge, Einsager, anonyme Zwänge, da gibt es gar nicht so wenig, was das eigene Hirn und auch das Herz besetzt. Worum geht es insgeheim beim Studium? Welchen Stellenwert haben Leistung und Erfolg für das eigene Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl? Wenn der reine Ehrgeiz am Werk ist, wird nicht richtig studiert. Wenn das Schielen auf die Erfolge anderer neidig macht, werden die sozialen Beziehungen vergiftet. Wenn es nur um Geld und Macht geht, wenn alles nur eine Frage der Technokratie und Bürokratie ist, wenn wir unser Leben auf das Habenmüssen und auf den Konsum reduzieren, dann führt das zur Auflösung individueller Einmaligkeit, zur Ver­hexung zwischenmenschlicher Beziehungen, zur Destruktion ökologi­scher Grundlagen. Es gibt auch in unserer Gesellschaft einen verordneten Verzicht auf Sinn und Religion. Weisheit, Studium, Bildung sollen zum guten Leben führen, nicht in Oberflächlichkeit versanden, nicht eindimensional werden, nicht für egoistische Zwecke instrumentalisiert werden.

Ideologie und Unterscheidung

Bildungsarbeit soll helfen, barbarische, gott- und menschenverachtende Ideologien zu durchschauen. Ideologien sind falsche Bilder vom Menschen und seiner Welt, Bilder vom Menschen, wenn Würde oder Verachtung zu einer Frage des Geschmacks und der Laune verkommen, Leben oder Tod zur Frage des besseren Durchsetzungsvermögens wird, Wahrheit oder Lüge eine Frage der besseren Taktik, Liebe oder Hass eine Frage der Hormone, Friede oder Krieg eine Frage der Konjunktur. Konstitutiv für Ideologie in der negativen Prägung des Begriffes ist es, dass sie ein „besonderes Interesse als allgemeines“[2] darstellt. Bildung soll jenseits von Fundamentalismus und permissiver Gleichgültigkeit zur Unterscheidung der Geister verhelfen, zu einer Urteilskraft im persönlichen, aber auch im politischen Bereich. Dabei geht es um ein Sensorium, Entwicklungen, die im Ansatz schon da sind, aber noch durch Vielerlei überlagert werden, vorauszufühlen. Sie blickt hinter die Masken der Propaganda, hinter die Rhetorik der Verführung, sie schaut auf den Schwanz von Entwicklungen. Bei der Unterscheidung der Geister geht es um ein Zu-Ende-Denken und Zu-Ende-Fühlen von Antrieben, Motiven, Kräften, Strömungen, Tendenzen und möglichen Entscheidungen im individuellen, aber auch im politischen Bereich. Was steht an der Wurzel, wie ist der Verlauf und welche Konsequenzen kommen heraus? Entscheidend ist positiv die Frage, was auf Dauer zu mehr Trost, d.h. zu einem Zuwachs an Glaube, Hoffnung und Liebe führt. Negativ ist es die Destruktivität des Bösen, das vordergründig unter dem Schein des Guten und des Faszinierenden antritt. Bildung soll so gesehen ein Frühwarnsystem aufbauen und eine Stärkung des Immunsystems gegenüber tödlichen Viren sein.

Erwachsen glauben

Papst Benedikt XVI. hat angesichts der damaligen Situation gefordert, im Glauben erwachsen zu werden. „Wir sind gerufen, um wirklich Erwachsene im Glauben zu sein. Wir sollen nicht Kinder im Zustand der Unmündigkeit bleiben. Was heißt, unmündige Kinder im Glauben sein? Der hl. Paulus antwortet: Es bedeutet, „ein Spiel der Wellen zu sein, hin- und hergetrieben von jedem Widerstreit der Meinungen.“ (Eph 4, 14) Erwachsen glauben, das heißt, dass er seine Verantwortung nicht infantil delegiert, nicht an die anderen, nicht an das Volk. Für einen erwachsenen Glauben ist die Freundschaft mit Jesus zentral: „Erwachsen ist nicht ein Glaube, der den Wellen der Mode und der letzten Neuheit folgt; erwachsen und reif ist ein Glaube, der tief in der Freundschaft mit Christus verwurzelt ist.“ (Benedikt XVI.).[3]

Wer erwachsen glaubt, ist nicht mehr infantil und auch nicht pubertär. Infantil ist der, der es sich mit keinem vertun will, weil er Angst vor Liebes- und Sympathieentzug hat uns sich nicht getraut, jemandem zu widersprechen. Infantile vermeiden in ihrer Suche nach Harmonie jeden eigenen Standpunkt. Sie gehen ständig Symbiosen ein, sind jedoch unfähig zu Beziehungen unter freien und erwachsenen Menschen. Im Alltag äußert sich das im nicht fragen, nicht fordern, nicht zugreifen Können und im nicht nein sagen Können. Pubertär sind bloße Neinsager. Viele Nein-Sager haben keinen Humor, sie können nicht über sich selbst lachen, sie sind kampfwütig verbissen. Das Nein ist nekrophil, wenn es aus dem Hass oder aus einer hochmütigen Abwehrreaktion kommt. Erwachsen sind auch nicht die Wendehälse. Die Wendehälse sind überall dabei, die Widersprüche gehören zum System. Im Zeitalter des kulturellen Pluralismus neigen nicht wenige dazu, die widersprüchlichsten Auffassungen im Bereich der Ethik oder Religion gelten zu lassen. Wer an dieser unterschiedslosen Liberalität, an dieser schlechten Gleichheit Anstoß nimmt, gilt als intolerant.

Im Glauben nimmt der Christ teil an der Vorliebe Gottes für Mensch und Welt. Glauben ist Hören und Annehmen des endgültigen Ja Wortes, der irreversiblen Zusage. Die christliche Botschaft ist eine Chiffre für schöpferische Lebensfreundlichkeit. Glaube als freies Antwortgeschehen auf die Selbstmitteilung Gottes ist der Mitvollzug dieser Option Gottes für Mensch und Welt. Er schließt eine Option und eine Lebenswahl ein. Es bedeutet – um des Ja willen – auch Abschied und Absage. Die Kraft der Entscheidung für das Reich Gottes zeigt sich im Mut zum Nein gegenüber Götzen, dem Mammon (Mt 6,19-21), gegenüber kollektiven Egoismen, zerstörenden Mächten, Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Ein Gebot der Stunde ist die Unterscheidung der Geister (1 Thess 5,21; 1 Joh 4,1) zwischen fanatischen und zerstörerischen bzw. erlösenden und befreienden Gottesbildern, zwischen Jesus Christus und Verführern, zwischen dem Geist und dem Ungeist.


Fußnoten:

[1] Thomas von Aquin, Summa Theologiae II-II, 46 art 2 und 3.; vgl. Otto Hermann Pesch, Thomas von Aquin. Größe und Grenze mittelalterlicher Theologie, Mainz 1988, 254ff.

[2] Karl Marx, Die Deutsche Ideologie (1845/46), in: MEW 3, 48. Vgl. zum Ideologiebegriff: Richard Schaeffler, Ideologiekritik als philosophische und theologische Aufgabe, in: ThQ 155 (1975) 97-116; Bernhard Welte, Ideologie und Religion, in: CGG 21, 79-106; Walter Kern, Kirche im Horizont der Ideologiekritik, in: Ders., Disput um Jesus und um Kirche, Innsbruck 1980, 156-190; U. Dierse, Art. Ideologie, in: HWP 4, 158 – 185.

[3] Josef Kardinal Ratzinger bei der „Missa pro eligendo papa“ (Hl. Messe zur Wahl des Papstes) am 18.4.2005.

Warum ich gerne ein Idiot bin

In „Idiota de sapientia“ (Der Laie über die Weisheit, 1450) untersucht Nikolaus von Kues in dialogischer Form das Wesen der Weisheit und die menschliche Fähigkeit, sie zu erlangen. Der Text ist Teil einer Reihe von Dialogen, in denen ein einfacher, ungelehrter Mann (der „Idiota“) mit einem gebildeten Gesprächspartner (einem Gelehrten) diskutiert. Der Idiota verkörpert intuitive Einsicht und praktisches Denken, während der Gelehrte das formale Wissen und die scholastische Methode repräsentiert.

Hauptthemen und Inhalte:

1. Die Quelle der Weisheit

Nikolaus stellt die Frage, was wahre Weisheit ist und woher sie stammt. Der Idiota argumentiert, dass Weisheit nicht durch Bücher oder gelehrtes Wissen erlangt wird, sondern durch die natürliche Fähigkeit des menschlichen Geistes, die Wahrheit zu erkennen.

Weisheit ist eine Gabe Gottes, die in jedem Menschen angelegt ist. Sie zeigt sich durch Einsicht, praktische Klugheit und ein Leben in Harmonie mit der göttlichen Ordnung.

2. Der Unterschied zwischen Weisheit und Gelehrsamkeit

Der Idiota kritisiert die Gelehrten, die oft in abstrakten Konzepten und formalen Disputen verstrickt sind, ohne die essenzielle Wahrheit zu erreichen.

Weisheit ist keine Frage des umfangreichen Wissens, sondern des Verstehens der Dinge in ihrem wahren Wesen. Praktische Erfahrung und inneres Streben nach Wahrheit sind wichtiger als reine Theorie.

3. Die Rolle der Intuition

Nikolaus betont die Bedeutung der Intuition für das Verstehen. Der Idiota erklärt, dass die Erkenntnis der Wahrheit nicht allein durch logisches Denken erfolgt, sondern durch eine direkte, intuitive Einsicht.

Diese Einsicht ist ein Weg, Gott näherzukommen, da die höchste Weisheit in der Erkenntnis der göttlichen Wahrheit liegt.

4. Das Gleichnis von der Münze

Der Idiota verwendet das Bild einer Münze, um Weisheit zu erklären. Die Münze hat einen inneren Wert, der durch äußere Prägungen nicht verändert wird. Ebenso besitzt der Mensch eine innere, von Gott gegebene Weisheit, die unabhängig von äußeren Einflüssen ist.

5. Das Ziel der Weisheit

Die höchste Form der Weisheit ist, das eigene Leben im Einklang mit der göttlichen Ordnung zu gestalten.

Ein weiser Mensch erkennt, dass wahres Glück in der Gemeinschaft mit Gott und der Harmonie mit der Welt liegt.

„Idiota de sapientia“ ist ein Appell an die Einfachheit des Denkens und das Vertrauen in die innere Einsicht. Es zeigt die Überzeugung des Cusanus, dass wahre Weisheit eine Brücke zwischen Mensch und Gott schlägt und über die Grenzen des reinen Verstandes hinausgeht.

Auch passend zum Thema:

Der Geist der Weisheit

Predigt von Bischof Dr. Manfred Scheuer bei der Zeugnisfeier für die Absolvent:innen des Theologischen Fernkurses in Puchberg am 13.09.2024

Nikolaus von Kues (1401–1464) war ein Universalgelehrter, der als Philosoph, Theologe und Kardinal die Brücke zwischen Mittelalter und Neuzeit schlug. Mit seiner Lehre von der „gelehrten Unwissenheit“ und dem „Zusammenfall der Gegensätze“ inspirierte er Generationen. Er suchte nach Einheit in Vielfalt und setzte sich für Toleranz zwischen Religionen ein. Seine Vision von Gott als unendlicher Einheit prägt sein Denken. Nikolaus bleibt ein Wegweiser für die, die sich den großen Fragen des Lebens stellen.

Harald Preyer ist systemischer Coach und geistlicher Begleiter in Wien, der Menschen in herausfordernden Lebensabschnitten begleitet. Sein Anliegen ist es, Brücken zwischen Denken, Glauben und Menschlichkeit zu bauen. Dankbarkeit ist für ihn dazu ein wertvoller Schlüssel.

Ein Wunder im Alltag

Es war ein kühler, klarer Dezembertag, als ich eine liebe Bekannte mit dem Auto meiner Frau zur U-Bahn brachte. Sie war guter Dinge, doch während wir durch die Stadt fuhren, wurde es plötzlich still im Wagen. Wie aus dem Nichts fragte sie: „Glaubst du an Wunder?“

Ich zögerte einen Moment. Diese Frage war so direkt und doch so tief, dass ich mir bewusst Zeit nahm, die passenden Worte zu finden. „Ja,“ sagte ich schließlich, „ich glaube, dass Wunder jeden Tag geschehen.“

Ich erzählte ihr von meiner eigenen Erfahrung, die mein Leben verändert hatte. Im Dezember 2018 musste ich mich einer Notoperation unterziehen, einer ernsten, lebensbedrohlichen Situation. Die Ärzte taten alles Menschenmögliche, doch was ich damals spürte, ging darüber hinaus. Es war, als würde eine unsichtbare Hand mich tragen. Dieses Gefühl des Geborgenseins, dieses Vertrauen, dass es einen Sinn geben muss – das war für mich ein Wunder.

Ich erzählte ihr auch von Freunden, die mit schweren, medizinisch als unheilbar diagnostizierten Krankheiten kämpften. In diesen Momenten, wenn menschliche Möglichkeiten an ihre Grenzen stießen, hatten wir gemeinsam gebetet. Wir haben Gott gebeten, uns zu begleiten, haben losgelassen und das Schicksal in seine Hände gelegt. Und manchmal, nicht immer, geschah das Unfassbare: Die Menschen wurden gesund. Doch auch wenn keine Heilung kam, spürten wir eine andere Art von Wunder – Frieden, Kraft und eine innere Heilung, die uns trug.

„Ich glaube,“ sagte ich schließlich, „dass Wunder oft aufmerksames Zuhören, Mitleiden, Mitfreuen und gemeinsames Danken als Grundlage haben. Sie sind die Momente, in denen wir spüren, dass wir nicht allein sind.“

Sie lächelte und sah mich an. „Ich wollte es einfach wissen,“ sagte sie. Dann fügte sie hinzu: „Übrigens habe ich heute meinen ersten Rosenkranz gebetet.“ Ihre Worte erfüllten den Wagen mit einer unerwarteten Wärme. Ich hielt kurz inne, sah sie an und fragte: „Möchtest du, dass wir ein Ave Maria zusammen beten, bevor du aussteigst?“

Sie nickte, ein wenig überrascht, aber auch berührt. Gemeinsam beteten wir das „Gegrüßt seist Du Maria, voll der Gnade…“. Als ich am Ende die Gottesmutter direkt ansprach, bat ich sie, meine Bekannte zu beschützen und zu begleiten. Meine Worte waren einfach, aber von Herzen. Als wir fertig waren, sah sie mich an und sagte erstaunt: „Ich wusste nicht, dass man die Mutter Gottes einfach so ansprechen kann.“

Ich lächelte. „Doch, das kann man. Genau das ist das Wunderbare am Glauben. Wir dürfen Gott unseren Vater nennen, dürfen Maria als Mutter sehen und sie um Hilfe bitten. Es ist diese Nähe, die das Christentum so lebendig macht. Es ist, als ob wir immer eine Hand haben, die wir ergreifen können – in Freude, in Angst, in Dankbarkeit.“

Sie stieg aus, doch bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um. „Danke,“ sagte sie leise, „das war schön.“

Als ich weiterfuhr, dachte ich über die kleinen Wunder nach, die uns oft mitten im Alltag begegnen. Manchmal kommen sie ganz unscheinbar, in einem Gebet, einem Gespräch oder einem Lächeln. Doch wenn wir aufmerksam sind, können wir sie erkennen. Und vielleicht sind wir selbst, in diesen Momenten, ein kleines Wunder für jemand anderen.

Die Seele aller Religionen ist eins

Was uns eint und was uns trennt

ein Beitrag von Harald R. Preyer vom 20.11.2024

„Deus Caritas Est“ – „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,16). Dieser Satz aus dem Christentum bringt auf den Punkt, was viele Religionen in unterschiedlicher Weise formulieren: Liebe, Mitgefühl und der Wunsch nach einer höheren Verbindung prägen die spirituellen Traditionen der Menschheit. Der Dalai Lama drückt es so aus: „Die Seele aller Religionen ist eins.“

Doch wie einheitlich ist diese Seele tatsächlich? Die großen Weltreligionen haben sich über Jahrtausende hinweg entwickelt, jede mit ihrer eigenen Geschichte, Symbolik und Interpretation des Göttlichen. Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es Unterschiede in ihrer Gottesvorstellung, Ethik und ihrem Verständnis von Erlösung. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Religionen, ihre Entstehung und Bedeutung in der modernen Welt.

16 Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. 17 Darin ist unter uns die Liebe vollendet, dass wir am Tag des Gerichts Zuversicht haben. Denn wie er, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe. 19 Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. 20 Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. 21 Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben. 1, Joh 4, 16


Was die Religionen verbindet und trennt

Religionen teilen eine fundamentale Suche nach Sinn und Transzendenz. Der Hinduismus (ॐ), die älteste der Weltreligionen, beschreibt eine spirituelle Einheit, die alle Wesen durchdringt. Das Judentum (✡) sieht den Bund mit einem persönlichen Gott als zentral. Der Buddhismus (☸) verzichtet auf eine Gottesvorstellung und konzentriert sich auf Mitgefühl und die Überwindung von Leiden. Der Taoismus (☯) sieht Harmonie mit dem kosmischen Prinzip Tao als Weg zur Erfüllung.

Das Christentum (✝) hebt sich durch die Vorstellung eines persönlichen Gottes ab, der „Vater“ genannt werden kann. Die Liebe Gottes, sichtbar in Jesus Christus, bildet das Fundament. Ähnlich betont der Islam (☪) die Liebe und Barmherzigkeit Gottes, unterscheidet sich jedoch durch die Ablehnung der Trinität und die Rolle Jesu als Prophet. Der Sikhismus (☬) sieht die Liebe zu Gott in Verbindung mit Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Der Bahá’í-Glaube (✶) wiederum betont die Einheit aller Religionen, während indigene Religionen (🌿) das Göttliche in der Natur und den Ahnen finden.


Entstehung der Religionen

Viele Religionen sind als Antwort auf gesellschaftliche Krisen und spirituelle Fragen entstanden. Die ältesten, Hinduismus und Judentum, wurzeln tief in der Geschichte. Philosophische Ansätze wie Buddhismus und Taoismus entwickelten sich in Zeiten kulturellen Umbruchs, während jüngere Religionen wie Islam, Sikhismus und Bahá’í-Glaube aus reformatorischen Bewegungen hervorgingen.

Faktenbox 1: Entstehung der Religionen

ReligionWannWo
Hinduismus (ॐ)Ca. 1500 v. Chr.Indien
Judentum (✡)Ca. 1200 v. Chr.Naher Osten
Buddhismus (☸)5./6. Jh. v. Chr.Indien
Taoismus (☯)4. Jh. v. Chr.China
Christentum (✝)1. Jh. n. Chr.Naher Osten
Islam (☪)7. Jh. n. Chr.Mekka/Arabien
Sikhismus (☬)15. Jh. n. Chr.Indien
Bahá’í-Glaube (✶)1844Persien
Indigene (🌿)Seit JahrtausendenWeltweit

Bedeutung in der modernen Welt

Die großen Religionen beeinflussen weiterhin das Leben von Milliarden Menschen. Das Christentum ist mit 2,4 Milliarden Gläubigen die größte Religion, während der Islam vor allem auf Grund der Geburtenpolitik seiner Mitglieder mit 1,9 Milliarden die am schnellsten wachsende ist.

Das Christentum ist mit seinen rund 500.000 Priestern, ein globaler Player der Nächstenliebe

Faktenbox 2: Bedeutung heute und Trends

ReligionAnhänger (ca.)Tendenz
Christentum (✝)2,4 MilliardenSchrumpfend in Europa, wachsend in Afrika/Asien
Islam (☪)1,9 MilliardenWachsend
Hinduismus (ॐ)1,2 MilliardenStabil
Buddhismus (☸)500 MillionenStabil bis leicht rückläufig
Judentum (✡)15 MillionenStabil
Taoismus (☯)20–30 MillionenSchrumpfend
Sikhismus (☬)30 MillionenStabil bis wachsend
Bahá’í-Glaube (✶)6–8 MillionenWachsend
Indigene (🌿)Hundert MillionenBedroht

Christliche Organisationen betreiben weltweit eine Vielzahl sozialer Einrichtungen, darunter Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und weitere soziale Dienste. Diese Einrichtungen werden von verschiedenen christlichen Konfessionen und Organisationen getragen, wie der römisch-katholischen Kirche, der evangelischen Kirche und anderen christlichen Gemeinschaften.

Katholische Kirche: Die katholische Kirche ist einer der größten Träger sozialer Einrichtungen weltweit. Laut dem Annuario Pontificio 2022 betreibt die katholische Kirche weltweit:

  • Schulen: Über 216.000 Schulen mit mehr als 60 Millionen Schülern.
  • Krankenhäuser: Rund 5.500 Krankenhäuser.
  • Altenheime: Etwa 15.000 Alten- und Pflegeheime.

In Deutschland ist die Caritas der größte katholische Wohlfahrtsverband. Sie beschäftigt rund 695.000 Mitarbeiter in etwa 25.000 Einrichtungen und Diensten. 

Evangelische Kirche: Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirche. In Deutschland umfasst die Diakonie etwa 30.000 Einrichtungen, darunter Krankenhäuser, Pflegeheime, Kindertagesstätten und Beratungsstellen. Sie beschäftigt mehr als 627.000 hauptamtliche Mitarbeiter. 

Österreich: In Österreich ist die Caritas eine bedeutende christliche Organisation im sozialen Bereich. Die Caritas der Erzdiözese Wien beschäftigt über 5.948 hauptberufliche Mitarbeiter und wird von 15.638 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt. 

Weltweit: Weltweit betreiben christliche Organisationen zahlreiche soziale Einrichtungen. Die genaue Anzahl der Mitarbeiter variiert je nach Land und Organisation. In vielen Ländern sind christliche Krankenhäuser, Schulen und soziale Dienste ein wesentlicher Bestandteil des Gesundheitssystems und der sozialen Versorgung.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Zahlen je nach Quelle und Jahr variieren können. Dennoch verdeutlichen sie den erheblichen Beitrag christlicher Organisationen im sozialen Sektor weltweit.

Wie praktizieren die Gläubigen die Ausübung ihrer Religion?

Die Ausübung von Religion ist vielfältig und tief in den Traditionen jeder Glaubensgemeinschaft verwurzelt. Hindus verehren Gottheiten mit Ritualen, Opfergaben und Meditation, während Juden Gebete, den Sabbat und koschere Speisegesetze einhalten. Muslime richten ihre Gebete fünfmal täglich gen Mekka und fasten im Ramadan, während Christen die Sakramente feiern und sonntags Gottesdienste besuchen. Buddhisten meditieren, rezitieren Sutras und streben nach Erleuchtung, und Taoisten suchen Harmonie durch Meditation und Qi Gong. Sikhismus betont die tägliche Gebetspraxis, Gemeinschaft und soziale Gerechtigkeit, während Bahá’í in Einheit und Meditation die Verbindung zu Gott suchen. Indigene Religionen schließlich verbinden spirituelle Rituale oft mit Naturverehrung.

Erkennbar sind Gläubige oft an Symbolen oder Kleidung: Juden tragen Kippa oder Tallit, Muslime Kopftücher oder traditionelle Gewänder, Sikhs Turbane und das eiserne Armband Kara, während Christen häufig ein Kreuz als Schmuck tragen. Buddhistische und taoistische Mönche fallen durch ihre einfachen Roben auf, während bei Hindus und indigenen Religionen Schmuck oder Kleidung mit spirituellen Motiven verbreitet sind.


Faktenbox 3: Praxis der Religionsausübung und Erkennungsmerkmale

ReligionPraxis der AusübungErkennungsmerkmale
Hinduismus (ॐ)Rituale, Meditation, Yoga, OpfergabenTilaka (Stirnzeichen), Om-Schmuck
Judentum (✡)Gebete, Sabbat, koschere SpeisegesetzeKippa, Tallit, Tefillin
Buddhismus (☸)Meditation, Sutra-Rezitation, OpfergabenSafranfarbene Roben, Gebetsfahnen
Taoismus (☯)Meditation, Qi Gong, RäucherstäbchenRoben, Yin-Yang-Symbole
Christentum (✝)Gebete, Sakramente, GottesdiensteKreuz als Schmuck, kirchliche Kleidung
Islam (☪)Fünf tägliche Gebete, Fasten, HaddschKopftuch, Taqiyah, traditionelle Gewänder
Sikhismus (☬)Gebete, Langar (Gemeinschaftsessen), Gurdwara-BesuchTurban, Kara (eiserner Armreif)
Bahá’í (✶)Meditation, tägliche Gebete, FastenSchlichte Kleidung, neunzackiger Stern
Indigene (🌿)Rituale, Tänze, NaturverehrungTraditionelle Kleidung, spirituelle Muster

Die Praxis und die Symbole sind ein Ausdruck der spirituellen Identität der Gläubigen und oft tief in ihrem Alltag verankert.

Conclusio

Die Religionen der Welt spiegeln die Vielfalt menschlicher Sehnsüchte und Perspektiven wider. Sie teilen universelle Werte wie Mitgefühl, Ethik und die Suche nach Sinn, unterscheiden sich jedoch in ihren Wegen zu Gott, ihrer Kosmologie und ihrer Vorstellung von Heil und Erlösung.

Die Worte des Dalai Lama, dass „die Seele aller Religionen eins“ sei, laden uns ein, diese Gemeinsamkeiten zu erkennen und Unterschiede zu respektieren. In einer Welt voller Veränderungen bleibt Religion eine Quelle der Hoffnung und Orientierung – eine Brücke zwischen Tradition und Moderne.

Quellen

Die Bibel (Einheitsübersetzung 2016)

Grundlage für christliche Lehren und Praxis, insbesondere die Aussage „Deus Caritas Est“ (1 Joh 4,16).

Link: Die Bibel online

Koran (Übersetzung von Max Henning)

Heilige Schrift des Islam, die zentrale Prinzipien wie Gebet, Fasten und soziale Verantwortung beschreibt.

Link: Quran.com

Tao Te King von Laozi (Übersetzung Richard Wilhelm)

Gründungstext des Taoismus mit philosophischen Ansätzen zur Harmonie mit dem Tao.

Link: Tao Te King

Guru Granth Sahib

Heilige Schrift des Sikhismus mit zentralen Gebeten und Lehren zur sozialen Gerechtigkeit und Gleichheit.

Link: SikhNet

Bahá’í-Schriften: „Die verborgenen Worte“ von Bahá’u’lláh

Grundlage des Bahá’í-Glaubens mit Fokus auf Einheit und Liebe.

Link: Bahá’í.org

Annuario Pontificio 2022

Statistiken der katholischen Kirche zu sozialen Einrichtungen weltweit, wie Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen.

Link: Vatican.va

Statistiken der Diakonie Deutschland und der Caritas Internationalis

Berichte und Daten zu sozialen Diensten und ihrer globalen Bedeutung im Christentum.

Links: Caritas.orgDiakonie.de

„The Art of Happiness“ von Dalai Lama

Philosophische Betrachtungen des Dalai Lama über die Gemeinsamkeiten aller Religionen.

ISBN: 978-0340750155

UNESCO-Berichte über Bildung und Religion

Daten und Statistiken zu Schulen und Bildungseinrichtungen, einschließlich derer, die von religiösen Organisationen betrieben werden.

Link: UNESCO.org

„The Great Transformation“ von Karen Armstrong

Überblick über die Entstehung der großen Weltreligionen und ihre Entwicklung.

ISBN: 978-0385721240

Brief einer sterbenden jungen Frau an ihre Mutter

Warum hast du mich nicht bekannt gemacht mit dem Klang seines Schrittes?

Ich erinnere mich noch genau der Sommernacht, in welcher mich mein Vater in den Garten führte, um mir die Milchstraße und einige Sternbilder zu zeigen. (Er sagte:) „Alle diese Sterne hat Gott geschaffen, sie sind Werke Gottes wie die Sonne, der Mond und die Erde mit allem, was du siehst.“ 

Auf diese Weise trat Gott erstmals in mein Kinderleben auf eine meinem Verstand zugängliche Art. Mein Vater hatte mir den allmächtigen Schöpfer-Gott gezeigt, den unendlich großen Geist, der die Kraft und die Macht hat, aus dem Nichts ein Weltall hervorzubringen. Der Einbruch dieser Erkenntnis Gottes in mein Leben machte auf mich einen gewaltigen Eindruck. Nach dieser Sommernacht ging ich tagelang wie benommen durch meine kleine Kinderwelt, die mir nun so groß erschien, und ich schaute alles an mit dem Gedanken: „Gott hat all das erdacht, Gott hat all das erschaffen.“ Welch neue Freude! All das war für mich aus den Händen Gottes entsprungen.

Eine Frau beschreibt im Rückblick auf die Zeit, als sie vier oder fünf Jahre alt war, so ihr elementares religiöses Erlebnis: „Liebe Mutter! Seit einigen Tagen kann ich nur noch eine halbe Stunde täglich im Bett sitzen, sonst liege ich fest. Das Herz will nicht mehr. Heute früh sagte der Professor etwas – es klang so nach ‚gefasst sein‘. Worauf? Es ist sicher schwer, jung zu sterben! Gefasst muß ich darauf sein, dass ich am Wochenanfang ein Gewesener bin – und ich bin nicht gefasst. Die Schmerzen wühlen fast unerträglich; aber wirklich unerträglich dünkt es mich, dass ich nicht gefasst bin. Das Schlimmste ist, wenn ich zum Himmel aufblicke, ist er finster. Es wird Nacht, aber kein Stern glänzt über mir, auf den ich im Versinken blicken könnte. Mutter, ich war nie gottesfürchtig; aber ich fühle jetzt, dass da noch etwas ist, das wir nicht kennen, etwas Geheimnisvolles, eine Macht, der wir in die Hände fallen, der wir antworten müssen auf alle Fragen. Und das ist meine Qual, dass ich nicht weiß, wer das ist.

Wenn ich ihn kennen würde! Mutter, weißt Du noch, wie Du mit uns Kindern durch den Wald gingst bei einbrechender Dunkelheit, dem Vater entgegen, der von der Arbeit kam? Wir liefen Dir manchmal davon und sahen uns plötzlich allein. Schritte kamen durch die Finsternis – welche Angst vor den fremden Schritten! Welche Freude, wenn wir den Schritt erkannten als den Deinen, den der Mutter, die uns liebte. Und nun höre ich wieder in Einsamkeit Schritte, die ich nicht kenne. Warum kenne ich sie nicht?

Du hast mir gesagt, wie ich mich kleiden muß und wie ich mich im Leben verhalten muß, wie man isst, wie man so durchs Leben kommt. Du hast für mich gesorgt, Du wurdest nicht müde über allem Sorgen. Ich erinnere mich auch, dass Du am Heiligabend mit Deinen Kindern in die Christmette gingst; auch an ein Abendgebet erinnere ich mich, das Du mir einige Male vorgesagt hast. Immer hast Du uns zur Ehrlichkeit angehalten. Aber das alles zerfällt mir jetzt wie mürber Zunder.

Warum hast Du uns von so vielem gesagt und nicht – von Jesus Christus? Warum hast Du mich nicht bekannt gemacht mit dem Klang seines Schrittes, dass ich merken könnte, ob er zu mir kommt in dieser letzten Nacht und Todeseinsamkeit? Dass ich wüsste, ob der, der da auf mich wartet, ein Vater ist! Wie anders könnte ich sterben!“

A. Kappler, Brief eines todkranken jungen Mädchens an ihre Mutter. Nach dem Tode des jungen Mädchens von einer Krankenschwester gefunden. Mit Erlaubnis der Mutter weitergegeben. (Manuskript)

Danke an Domkurat Stefan Jagoschütz für das auszugsweise Zitieren dieses Briefes in seiner Predigt am 27.10.2024 im Stephansdom und für das Weitersenden des Manuskripts.

Sterblich sein – ein Abend rund um den Stephansdom

21.8.2024 Gemeinsam mit Antonia Heigl vom Dom Museum Wien organisierete ich für eine kleine Gruppe von Freunden und Bekannten eine dialogorientierte Führung durch die Ausstellung „Sterblich sein“.

Vielen herzlichen Dank an Barbara Steininger-Wetzlmair, die uns gekonnt, geistreich inspirierend geführt hat. Chapeau!

Anschließend konnten wir über den Dächern von Wien mit Blick auf den Stephansdom unsere Gedanken in einem kultivierten Kreisgespräch austauschen. Alle Teilnehmer:innen kamen zu Wort und haben offenherzig erzählt, was sie am meisten beeindruckt hat und welche Resonanz die Objekte verursacht haben.

Dabei hat uns meine geschätzte Kollegin Elisa Eichinger auch erzählt, was Sie als Filialleiterin bei Bestattung Himmelblau in ihren Gesprächen mit Hinterbliebenen und auch mit Menschen, die im Hinblick auf ihren eigenen letzten Weg vorsorgen wollen, erlebt. 

In dieser Broschüre findest Du im zweiten Teil die Checkliste mit allen Themen, die bei der Planung einer Bestattung zu klären sind. Die Beraterinnen in den Himmelblau Filialen stehen Dir gerne für ein kostenloses und unverbindliches Beratungsgespräch zur Verfügung. Elisa Eichinger, wien@bestattung-himmelblau.at, +43 1 361500011 hast Du ja schon kennengelernt.

Sterblich sein Abend am Stephansplatz

Die Ausstellung befasste sich mit dem unausweichlichen Bestandteil jeder Existenz: „Sterblich sein“ spürt mittels Gegenüberstellung von Kunstwerken, die einen kulturhistorischen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart spannen, der tiefen Bedeutung von Tod nicht nur im individuellen, sondern auch im kollektiven und gesellschaftspolitischen Kontext nach. Intime, persönliche Ansätze wurden genauso beleuchtet wie die öffentliche, politische Rolle des Sterbens und die Auseinandersetzung damit.

In unserer Gruppe wurde als besonders beeindruckend mehrmals die Pieta von Sam Jinks erwähnt. Deshalb hier die Werkbeschreibung aus dem Katalog des Dom Museum Wien.

Still Life (Pieta), 2007

Sam Jinks (geboren 1973)
Silikon, Farbpigmente, Menschenhaar
Australian Private Collection

Die Pietà, das Bildnis der trauernden Muttergottes mit dem toten Sohn auf dem Schoß, ist eines der berührendsten Motive der christlichen Kunst. Der australische Künstler Sam Jinks lehnt sich mit Titel und Bildaufbau seiner hyperrealistischen Skulptur an Michelangelos um das Jahr 1500 entstandene Marmorskulptur an: Diese zeigt zwei idealschöne, junge Körper, deren Schmerz und Trauer völligem Frieden gewichen sind – der, wie der zum Himmel erhobene linke Zeigefinger der Madonna andeutet, auf absolutem Gottvertrauen basiert. In Sam Jinks’ Arbeit ist die haltende Figur allerdings ein Mann mittleren Alters, der einen alten, möglicherweise toten Menschen im Arm wiegt. Anders als im kunsthistorischen Vorbild stellen die beiden keine Verbindung nach außen her, ihre Augen sind geschlossen. Ein Gefühl schmerzhafter Innerlichkeit durchdringt die gesamte Skulptur.

Der Rückgriff auf christliche Motive findet sich in Sam Jinks’ Werk
ebenso wie eine leichte Verfremdung der Figuren. Die Lebensnähe von Form, Materialität und Farbe kontrastiert dabei mit verscho­benen  Größenverhältnissen. Anders als das historische Original zeigt Jinks’ Figurengruppe allerdings eine Umkehr der Personen: Hier scheint das erwachsene Kind einen sterbenden oder toten Elternteil zu stützen. Gleichzeitig sind beide Bildnisse als Selbstporträts des Künstlers in verschiedenen Lebensaltern lesbar. Damit erweitert Sam Jinks das Bild der Trauer über einen geliebten Verstorbenen zu einer intimen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit.