Faszination Feedback

I

„Frau Weiss, Sie wissen, dass ich Sie seit vielen Jahren als meine beste Verkäuferin sehr schätze. Sie bringen jedes Jahr wieder Top-Umsätze und sind ein Vorbild für viele junge MitarbeiterInnen. Und gerade weil ich so schätze, kann ich Ihr Verhalten der Kundin Ivana Nonorava gegenüber nicht akzeptieren. Ich habe das unhöflich und arrogant erlebt. Wie sehen Sie das?“ Sagt der Eigentümer eines führenden Modehauses in der Wiener Innenstadt zu seiner besten Verkäuferin unmittelbar nach Geschäftsschluss im Vieraugengespräch.

II

„Peter, Deine geniale Lösung des Problems bei der Country-Bank gestern war großartig. Mich hat gerade der CEO der Bank angerufen. Sie sind mit uns topzufrieden. Das haben wir Dir zu verdanken. Vielen Dank für Deinen großartigen Einsatz und Dein KnowHow.“ Sagt Michelle, die Head of Costumer Service zu Ihrem Senior Databank-Expert Peter gleich in der Früh beim Morning Meeting vor allen KollegInnen

III

Das Realtime Opinioning in der Plegedirektion des Krankenhauses liefert heute folgendes Ergebnis:

 

Abb 1: Realtime Stimmungsbild in einem Wiener Krankenhaus beim wöchentlichen Jour fix aller Mitarbeiterinnen der Pflegedirektion.

Plegedirektorin Martina nimmt dieses Ergebnis beherzt zum Anlass, Ihre MitarbeiterInnen um detailertes Feedback zu bitten, damit sie mit dem Team Lösungen für diese bedrohliche Situation finden kann. Die 320 Mitarbeiterinnen wählen ad hoc eine Gruppe von 12 Vertreterinnen, die mit der Pflegedirektorin und ihren beiden Stellvertretern geeignete Maßnahmen vereinbaren sollen, um die Stimmung im Team zu verbessern.

Wozu Feedback?

Die drei Beispiele zeigen, dass Feedback viel Kraft besitzt, das Denken und Handeln von Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Feedback ist die Quelle für Reflexion. Reflexion ist der Beginn von Entwicklung.

Feedback kann für den Feedback-Nehmer angenehm oder unangenehm sein. Es ist jedenfalls nie neutral. Es lässt niemanden kalt. Es spricht immer die Emotion an.

Feedback ist notwendig für unsere eigene Entwicklung. Wer nicht weiss, wie er beim anderen ankommt, der verkümmert in seiner Emotionalität. Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.

Spätestens seit den Hawthorne-Experimenten vor rund hundert Jahren wissen wir, dass schon die Anteilnahme von Führungskräften und Experten an der Befindlichkeit von MitarbeiterInnen genügt, um deren Stimmung zu steigern. Forscher analysierten damals in der Hawthorne-Fabrik der Western Electric Company in Chicago (USA) im Auftrag des National Research Council, ob die Verbesserung der Beleuchtungssituation einen Einfluss auf die Produktivität der MitarbeiterInnen hat. Das überraschende Resultat: Ja bei mehr Licht arbeiten die Menschen besser. Stärkeren Einfluss als die Steigerung der Licht-Intensität hat allerdings die Anwesenheit der Forscher, die nachfragen, welche Lichtintensität ideal sei.

Wie Feedback geben?

Feedback ist die bewusste und reflektierte Reaktion auf Wahrnehmungen von Verhalten einzelner Personen oder ganzer Systeme von Menschen – also Gruppen, Abteilungen oder Gemeinschaften an Einzelpersonen oder Teams.

Dem entsprechend braucht Feedback geeignete Instrumente und Inszenierungen.

Feedback-Methode Inszenierung Komplexität Wirksamkeit
Persönliches Gespräch Vertraulich
sehr persönlich
Gering
hohe soziale Kompetenz erforderlich
Sehr hoch
Lob, Feiern, Prämierung Großer Rahmen
möglichst mit Partner
Mittel
hohe dramaturgische Kompetenz erforderlich
Sehr hoch
MAG
(standardisiertes jährliches Mitarbeiter-Gespräch)
Bürokratisch
eher belastend
wenig Wertschätzung
Mittel Mittel
Standardisierte Mitarbeiterbefragung /
Kundenbefragung
Möglichst als Vollbefragung
Standardfragen
Mittel Gering
Strategische individuelle Mitarbeiterbefragung /
Kundenbefragung
Orientiert sich an der Unternehmensstrategie
individuelle Fragen
Hoch Mittel
Hängt stark vom Folgeprozess ab
Rundum-Feeback
(180, 270, 360 Grad)
Kurze Fragen
Feedback-Cockpit notwendig sonst sehr mühsam
Hoch Mittel
Hängt von der Reflexion der Ergebnisse ab
RTO
Real Time Opinioning
Teams stimmen per Smartphone über die derzeitige Befindlichkeit ab Gering Hoch
RTO im Rahmen von OE-Prozessen Die Resultate der Abstimmung werden unmittelbar strategiekonform bearbeitet und umgesetzt Mittel Sehr hoch

 

 

 

Abb 2: Feedback-Methoden im Vergleich

Feedback braucht vor allem eine wertschätzende Haltung aller Beteiligten. Feedback zu geben, bedeutet, dem anderen eine reflektierte Wahrnehmung für Wachstum und Verbesserung anzubieten. Feedback braucht daher auch immer positive Wahrnehmungen. Sonst wird es zur reinen Kritik, die nur wenige Menschen wohlwollend annehmen können. Feedback annehmen geschieht ohne Rechtfertigung, ohne Verteidigung. Feedback ist immer ein Geschenk und Geschenke weist niemand zurück.

Wie sich Feedback rechnet?

Eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen unterstreicht den Wert von Feedback.

Stephan Brockhoff und Klaus Panreck haben im Jahr 2016 16.000 MitarbeiterInnnen von mittelständischen Unternehmen in ganz Europa befragt und kamen zu folgenden interessanten Ergebnissen:

  • Wertschätzendes Feedback verdoppelt die Leistung einer Organisation.
  • Die Fluktuation sinkt auf ein Viertel.
  • Burnout in einem Unternehmen mit wertschätzendem Feedback ist nicht nachweisbar.

Wie führe ich eine wirksame Feedbackkultur in meinem Unternehmen ein?

Der größte Feind von Veränderung ist der Erfolg von gestern und heute. Vorgesetzte, die seit Jahrzehnten ohne Feedback und mit Macht und Autorität agiert haben, wollen meist keine moderne Feedback-Kultur. Wenn Sie in einer Organisation arbeiten, die seit Jahrzehnten von „Vorgesetzten“ geprägt wurde, dann bemühen Sie sich erst gar nicht um eine aktuelle Feedbackkultur. Die Hierarchie wird stärker sein als Sie. Wechseln Sie den Arbeitgeber.

Wenn Sie in einem Unternehmen arbeiten, das Führungskräfte hat, die wirklich führen, wertschätzen, Verantwortung für Erfolge und Misserfolge übernehmen, dann haben Sie gute Chancen, eine moderne Feedback-Kultur einzuführen. Beginnen Sie mit einfachen Methoden. Ermuntern Sie Ihre KollegInnen, Ihnen Feedback zu geben. Fragen Sie nach, wie Ihre Entscheidungen und Ihr Verhalten ankommen. Geben Sie selbst wertschätzendes Feedback. (Achtung: Wertschätzendes Feedback wird immer gerne angenommen. Zu echter Kritik müssen Sie erst eingeladen werden…)

Nutzen Sie moderne Formen von Realtime-Opinioning und arbeiten Sie unmittelbar mit den Resultaten. Feedback ist dann erfolgreich, wenn Sie unmittelbar darauf reagieren. Es verblasst sehr schnell und hat eine Halbwertszeit  von weniger als 24 Stunden.

Nutzen Sie die Chance, über eine Bewerbung bei einem Excellent Award – in Österreich zum Beispiel beim Staatspreis für Unternehmensqualität – eine moderne Feedbackkultur in Ihrer Organisation einzuführen.

Diesen Beitrag habe ich für den Blog der Quality Austria zum Österreichischen Staatspreis Unternehmensqualität 2017  geschrieben.