Die vier Frauen im Stammbaum Jesu

In der Genealogie Jesu (Mt 1, 1–17) nennt Matthäus bewusst vier FrauenTamar, Rahab, Rut und Batseba (als „die Frau des Urija“). Diese Nennungen sind ungewöhnlich, da genealogische Listen in der jüdischen Tradition typischerweise nur Männer enthalten.

Die Auswahl dieser Frauen ist kein Zufall, sondern hat theologische und symbolische Bedeutung. Warum gerade diese vier?


1. Tamar (Gen 38)

  • Tamar verkleidete sich als Prostituierte, um ihrem Schwiegervater Juda einen Erben zu verschaffen, da dieser seine Verpflichtung nicht erfüllte.
  • Botschaft: Gott wirkt auch in scheinbar unmoralischen oder skandalösen Situationen. Tamar zeigt Mut, Durchsetzungskraft und ein Gespür für Gerechtigkeit.

2. Rahab (Jos 2)

  • Rahab war eine kanaanitische Prostituierte in Jericho, die die israelitischen Kundschafter versteckte und damit Israels Sieg vorbereitete.
  • Botschaft: Gottes Heil gilt auch den Heiden und Menschen am Rand der Gesellschaft. Rahab ist ein Beispiel für Glauben und Gotteserkenntnis, obwohl sie eine Außenseiterin war.

3. Rut (Buch Rut)

  • Rut, eine Moabiterin, war eine fremde Frau, die ihrem jüdischen Schwiegervater nach Bethlehem folgte und die Urgroßmutter König Davids wurde.
  • Botschaft: Gottes Plan schließt alle Völker ein. Rut steht für Treue, Loyalität und die Überwindung von ethnischen Grenzen.

4. Batseba („die Frau des Urija“, 2 Sam 11–12)

  • Batseba wurde Davids Frau, nachdem David ihren Ehemann Urija indirekt in den Tod schickte, um seine Beziehung mit ihr zu vertuschen.
  • Botschaft: Auch große Sünden und menschliches Versagen können durch Gottes Barmherzigkeit in die Heilsgeschichte eingebunden werden. Batseba ist zudem die Mutter Salomos, der den Tempel erbauen ließ.

Warum diese vier Frauen?

  1. Skandale und Außenseitertum: Alle vier Frauen waren mit Situationen konfrontiert, die moralisch oder gesellschaftlich fragwürdig erschienen. Dennoch wählte Gott sie als Teil seines Heilsplans.
  2. Heiden und Fremde: Tamar, Rahab und Rut waren entweder selbst Heiden oder mit ihnen verbunden. Matthäus macht damit deutlich, dass das Heil in Jesus Christus auch für Nicht-Juden offen ist.
  3. Gottes Handeln durch das Unerwartete: Gott wirkt oft durch Menschen, die von der Gesellschaft übersehen oder verurteilt werden. Er schreibt seine Geschichte mit unvollkommenen und unkonventionellen Personen.
  4. Vorwegnahme Mariens: Die Erwähnung dieser Frauen bereitet den Leser auf Maria, die Mutter Jesu, vor. Auch bei ihr handelt Gott auf überraschende und unkonventionelle Weise durch die Jungfrauengeburt.

Theologische Kernbotschaft

Matthäus zeigt mit diesen Frauen, dass die Heilsgeschichte nicht von Perfektion abhängt, sondern von Gottes Gnade. Er betont:

  • Gottes Universalität: Das Heil ist für alle Menschen da – Juden, Heiden, Männer und Frauen.
  • Gottes Barmherzigkeit: Sünde, Leid und menschliches Versagen können von Gott verwandelt werden.
  • Das Unerwartete: Gottes Wege sind oft anders als menschliche Erwartungen.

Durch diese Frauen bereitet Matthäus die Leser darauf vor, dass Jesus Christus nicht nur der Messias Israels, sondern der Erlöser der ganzen Welt ist.