eine sehr persönliche Hommage an das ganz wunderbare
Berghotel Tulbinger Kogel und seine Eigentümer-Familie
von Harald R. Preyer, 26.10.2025
Ein heisser Tag in Hietzing
Der 29. Juli 2018 war einer dieser heissen Tage in Wien an denen ich mir als Tiroler die Berge nach Wien gewünscht habe. Das tue ich sonst nicht. Denn weil mir eben diese Berge im Sommer 1986 in meiner Heimat fast auf den Kopf gefallen wären, habe ich damals Innsbruck verlassen.
Ich dachte mir: Es wird ja wohl im Umkreis von Wien ein Hotel mit Schwimmbad geben und wenn ich höflich frage und dort esse, kann ich vielleicht auch Baden gehen. Google Maps führte mich bald in die Gegend von Mauerbach und ich erinnerte mich an ein modernes Hotel mit schönem SPA, das ich von mehreren Seminaren kannte. Fehlanzeige: nur für Hotelgäste und außerdem voll.
Da war’s aber auf Google Maps nicht weit zu einem anderen Haus, an das ich mich aus Kindheitstagen erinnerte. Mein Großvater Richard hatte nach dem zweiten Weltkrieg in Innsbruck eine Firma gegründet, die mit Ersatzteilen für Fahrräder handelte und als sein Bruder Hans aus der Kriegsgefangenschaft zurückkam, errichteten die Senioren eine Wiener Niederlassung. Sie führten klug die Geschäfte recht unabhängig von einandern und waren sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Großonkel Hans in Wien war wirtschaftspolitisch aktiv und wurde dann auch Kommerzialrat. Opa Richard in Innsbruck, verbesserte den Rücktritt und begann eine Fahrradproduktion. Zweimal im Jahr traf man sich mit der ganzen Familie zu Gesellschafterbesprechungen. Das war damals noch steuerlich zur Gänze abschreibbar. Zumindest sahen es die Senioren so und übertrafen sich in der Auswahl der Hotels gegenseitig. Das Tiroler Treffen fand meist in Südtirol statt. Ich erinnere mich noch gerne an den „Elefant“ in Brixen, einmal auch an das Grandhotel in Gardone – als mein Opa den Begriff „Südtirol“ etwas großzügiger auslegte. Der Wiener Großonkel konterte mit einem Berghotel in „greater Vienna“ wie er es damals nannte. Und so war ich mit sieben Jahren das erste Mal im Berghotel Tulbinger Kogel. Genau dorthin hat mich Google Maps an diesem heißen Julitag 2018 geführt.
Ich wählte die Nummer und fragte ganz direkt und höflich, ob ich zum Schwimmen kommen kann, wenn ich auch zu Abend esse. Ich war damals alleine und hatte gerade begonnen, am Wochenende die ZEIT zu lesen – genug Stoff für einige Stunden am Pool. Zu meiner großen Verwunderung und Freude teilte mir die Receptionistin mit, dass die Chefin da manchmal eine Ausnahme macht und dass sie fragen wird. Und so war ich eine Stunde später nach 48 Jahren wieder an dem Platz, an den ich mich dunkel aus Kindheitstagen erinnern konnte.









Erinnerungen an meine ersten Besuche im Jahr 2018
Yuliya
2018 war für mich ein Jahr, in dem ich mich neu erfinden sollte. Meine Anteile an dem von mir 1997 gegründeten Beratungsunternehmen hatte ich verkauft nachdem sich meine Ehefrau Evalina nach 20 Jahren Ehe von mir getrennt hatte. Wir sind in Frieden geschieden und mein Sohn Richard lebte damals mit mir in Hietzing. Meine Tochter Linda war bei ihrer Mutter geblieben und nur eine Brück über den Wien Fluss trennte uns. Wir konnten uns sehen und gegenseitig einladen so oft wir wollten.
Ich glaubte nicht mehr daran, eine Frau kennenzulernen, mit der ich gemeinsam alt werden würde und es zog mich immer mehr in „mein“ geliebtes Stift Göttweig. Bei den Benediktinermönchen hoch über der Wachau hatte ich gute Freunde gefunden und fühlte mich wohl. Ich überlegte, den Konvent um meine Aufnahme zu bitten und wollte vorher noch mit einer Jugendfreudin nach Venedig. Beim Check-In in Schwechat stand eine große schlanke schöne Frau vor mir. Zuerst beobachtete ich sie, dann versuchte ich mit ihr ins Gespräch zu kommen und wenig später saßen wir fast nebeneinander im Flugzeug – nahe genug, um im Gespräch zu bleiben. Und nach einigen weiteren Gesprächen und Begegnungen auf Zypern, in Kiew, Wien und anderen schönen Plätze der Welt war uns klar, dass wir wunderbar zusammen glücklich sein können. Stift Göttweig wurde zu meinem Rückzugsort für mehrere Tage im Jahr, um Gott zu finden. Yuliya wurde meine Ehefrau und „der Tulbinger Kogel“ unser liebstes Restaurant, wenn es etwas zu feiern gibt. Und es gibt viel zu feiern: Sonntage, Monatstage, Jahrestage, Geburtstage, Frühlingsbeginn, Ostern und Weihnachten.
2024 sind wir dann an den östlichen Stadtrand von Wien in eine schöne kleinere Wohnung übersiedelt – mit einem Schwimmbad am Dach der Anlage. Unser lieber bester Freund Teddy – ein von Geburt an fast blinder Chow Chow – kam als Baby zu uns. Und gestern meinte der sympathische Ober: „Der ist schnell groß geworden. Ich sehe ihn ja nur alle zwei bis drei Monate.“
Aus der Schwimmbad-Oase wurde unser liebstes Restaurant und wir haben bis heute jedes Mal ausgezeichnet gegessen und uns wohl gefühlt im „Tulbinger Kogel.“




































Küche und Stimmung am Höhepunkt des Genusses
Teamklausur
Nach all den Jahren von Kindheitserinnerungen über Badefreuden im Wald bis zum liebsten Gourmet-Restaurant habe ich dann erst im Oktober 2025 das Berghotel Tulbinger Kogel das erste Mal als Seminarhotel kennengelernt.
Seit 1990 arbeite ich als Berater an wesentlichen Fragen von Führung. „Gibt es Leadership ohne Liebe? Welchen Stellenwert hat der SINN der eigenen Arbeit? Arbeite ich berufen mit Leidenschaft und Freude oder mache ich nur meinen Job?“ Das sind Fragen, die sich gute Führungskräfte irgendwann stellen und deshalb habe ich sie über 30 Jahre lang mit einem Experten-Team professionell bearbeitet. Die Unterschiede im Führungsverständnis zwischen Asien, Europa und den USA sind deutlich. Heute begleite ich nur noch wenige ausgewählte Führungskräfte in Wien dabei, den „Berg Athos der Führung“ zu entdecken. Jedes Jahr im Frühling und im Herbst veranstalten mein Freund, der Benediktiner Pater Johannes Paul Abrahamowicz und ich in Stift Göttweig die eintägigen Göttweiger Dialoge für Führungskräfte. Letzte Woche haben wir die 33. Wiederholung erlebt und die Runde war wieder inspirierend.
Eine Spezialbank in Wien hat allerdings vor einigen Jahren einen neuen schwedischen Eigentümer bekommen und seither geht es dort um die wirkungsvolle Kombination aus ökologischem und ökonomischem Leadership. Ein Mitarbeiter hat sich an Projekte mit mir erinnert und mich als Begleiter in die Bank geholt. Und nun wollte ein Vorstand mit seinen direkten Führungskräften zu einem vertrauensvollen, effektiven und erfolgreichen Team zusammenwachsen. Und dafür schien mir als Rahmen „mein geliebter Tulbinger Kogel“ bestens geeignet.
Das war dann auch genau so. Vom Angebot über die Seminarorganisation, den Raum, die Pausengestaltung, die Technik, die Stimmung, das Abendessen, Frühstück und Mittagessen, die Zimmer, das SPA und vor allem die Persönlichkeiten der Mitarbeiter an der Rezeption und im Service waren sich alle Teilnehmer in der Schlussrunde schnell einig: „Besser geht’s nicht!“ Das Zusammenspiel aus Ökologie, Lage und hochprofessioneller Seminartouristik hat perfekt geklappt.
Ein liebevolles und so gar nicht selbstverständliches Detail am Rande: Erst bei der Anreise habe ich mir gedacht, dass eine „schön gestaltete Mitte“ im Sesselkreis gut zur Intention und zum Thema des Workshops passen würde. Ich habe den jungen Mann, der mir den Seminarraum gezeigt hat, gebeten für den nächsten Tag ein großes Bouquet aus Blumen, Blättern und Zweigen aus dem Wald zu besorgen. Er meint nur verschmitzt lächelnd: „Ja gerne!“ Vermutlich hat er schon gehofft, dass die Seniorchefin das mit viel Liebe, Geschmack und Freude arrangieren wird.


Die liebevoll von Ingrid Bläuel persönlich gestaltete Mitte im Sesselkreis
Mit einer positiven Beurteilung im Kopf und viel Freude im Herzen bin ich dann nach Hütteldorf gefahren und habe dort meine liebe Yuliya und unseren Teddy abgeholt – diesmal als Hotelgäste für eine Nacht.




Yuliya und Teddy auf der Terrasse unseres Zimmers und „das Strafmandat“
Als wir zurückgekommen sind, habe ich kurz direkt vor dem Haupteingang geparkt – und prompt ein „Strafmandat“ bekommen. Die Familie Bläuel feierte den Geburtstag eines ihrer Jüngsten und die Kindern haben sich den Spaß gemacht, mir einen handgeschriebenen Zettel an die Scheibe zu stecken: „15 Euro, weil sie geparkt haben, wo man es nicht darf.“ Die jungen Polizisten und ich haben uns dann auf fünf Euro geeinigt, weil ich zu meiner Verteidigung vorbringen konnte, dass ich nur den Koffer aufs Zimmer gebracht habe. Und selbst diese fünf Euro hat ihr Vater – der CHEF des Hauses – liebevoll „refundiert“ und uns statt 6 eben 7 seiner wunderbaren Austern servieren lassen.
Wenn die geschäftstüchtigen „jungen Polizisten“ sich weiter so entwickeln, wie es ihre Vorfahren getan haben, dann werden auch meine Enkel irgendwann eine Hommage auf das Berghotel Tulbinger Kogel und seine Eigentümerfamilie schreiben.

„Geschichten vom Tulbinger Kogel“, Tulbingerkogel-Chronik, Seite 10









