Mystik

Mystik ist – so sagt der Philosoph Gernot Böhme – die Erfahrung der Einheit mit dem Ganzen.

Ergänzend fügt er hinzu: »Das Ganze tritt in den Schriften der Mystiker unter verschiedenen Namen auf, als Gott, Es, Sein oder auch Nichts.«

Zwei Typen der Mystik

Der Philosoph Gernot Böhme (1937-2022) unterschiedet die aufsteigende von der absteigenden Mystik.

Die aufsteigende Mystik, für die Platon (428-348 v. Chr.) steht, ist nur durch Denken oder geistige Anschauung möglich. Es gilt, sich aus der bunten Mannigfaltigkeit der Dinge zu lösen und das Augenmerk auf die ewigen Ideen zu richten. Die Einheit des Ganzen ist in der Idee des Guten begründet.

Als Beispiel für die absteigende Mystik nennt Böhme den Zen-Buddhismus. Für diesen liegt das Ganze im Einzelnen. Es kann nur erreicht werden, wenn man mit einem einzelnen Ding wirklich in Berührung kommt, wie dies beim Bogenschießen, beim Ikebana oder bei der Teezeremonie der Fall ist.

Dieser Erfahrung der Einheit sind die Trennungen entgegenge-setzt, die unser durchschnittliches Dasein bestimmen. Sie liegen vor beim Handeln, das auf Ziele ausgerichtet ist, und beim Denken, das sich auf Objekte bezieht, von denen wir uns unter-scheiden.

Es gilt, diese Trennung von Zeit zu Zeit zu überwinden. Diese Überwindung macht sich nicht von selbst, es bedarf einer absichtslosen Absicht, einer Kunst des Sichlassens.

Quelle: Der Philosophie-Kalender 2025, Eintrag vom 23.9.2025